Die österreichische Finanzmarktaufsicht FMA werde den Markt der Zertifikate beziehungsweise Hebelzertifikate Anfang nächsten Jahres erneut analysieren. "Auch im Hinblick auf die Auswirkungen der Produktintervention der Bafin", wie ein Sprecher sagt. Bisher habe man keine "Betroffenheit" österreichischer Kunden bemerkt.

Im Oktober hat die deutsche Finanzaufsicht Bafin nach horrenden Studienergebnissen in den Markt eingegriffen: Per Juni 2026 werden Vermarktung, Vertrieb und Verkauf von Turbozertifikaten an Kleinanleger mit Sitz in Deutschland eingeschränkt. Emittenten, Anbieter und Vermittler dieser hochspekulativen Produkte müssen dann eine standardisierte Risikowarnung anzeigen. Intermediäre müssen darüber hinaus vor Kauf bei den Anlegern eine Wissensabfrage über Turbozertifikate durchführen ("Turbo-Basiswissen") und mindestens alle sechs Monate wiederholen. Zudem dürfen im Zusammenhang mit diesen Produkten keine monetären und nicht monetären Vorteile wie etwa reduzierte Ordergebühren oder Neukundenboni gewährt werden.

Studie offenbart hohe Verluste
Anlass für die Intervention war eine eigene Studie, in der die Bafin den Markt der Turbozertifikate analysiert hat. Dabei stellte sie fest, dass zwischen 2019 und 2023 drei Viertel der Kleinanlegerinnen und Kleinanleger Verluste mit Turbozertifikaten erlitten. Im Durchschnitt waren es jeweils knapp 6.400 Euro. Insgesamt belief sich der Verlust auf 3,4 Milliarden Euro. Auffällig war, dass sich die Zahl der Anleger, die solche Zertifikate handelten, im Beobachtungszeitraum mehr als verdoppelt hatte, ebenso wie die Zahl der Transaktionen.

Auch in Österreich ist die Dynamik in dem Sektor in letzter Zeit sehr hoch: 2024 stieg der Open Interest bei Hebelprodukten um 58,3 Prozent auf knapp mehr als 100 Millionen Euro. Die Zahlen stammen aus dem Bericht des österreichischen Zertifikate Forums, das einen großen Teil des Marktes abdeckt. 15 Prozent des Handelsumsatzes aller Zertifikate werden demnach bereits mit Hebelprodukten erzielt, die es ermöglichen, mit kleinem Einsatz hohe Gewinne oder Verluste einzufahren.

Im Halbjahr erneut hohe Steigerungen
Und die Bergfahrt in Österreich geht im laufenden Jahr weiter: Allein im ersten Halbjahr 2025 stieg der Open Interest der Hebelprodukte erneut um 40,4 Prozent auf 143,2 Millionen Euro. Es handelt sich um das Segment mit dem stärksten prozentuellen Zuwachs seit Jahresbeginn.

Der Trend besteht europaweit: Bei den Mitgliedern des europäischen Zertifikate-Dachverbands EUSIPA, in dem die wichtigsten EU-Länder und Großbritannien vereint sind, stieg das Handelsvolumen mit Hebelzertifikaten im Vorjahr um 30 Prozent auf 90,5 Milliarden Euro.

Turbozertifikate sind eine Variante von Hebelprodukten (Hebelprodukte mit Knock-out). Bei jeder Variante wird auf einen Basiswert spekuliert, zum Beispiel eine Aktie, ein Rohstoff oder eine Währung. (eml)