Millionenschaden in Österreich – Verhaftungen bei Europol-Aktion
Bei einer international koordinierten Operation gab es Verhaftungen und Beschlagnahmungen in Lettland und Estland. Hauptbetroffene waren Österreicher mit einem Schaden von über vier Millionen Euro. Die Straftaten erstreckten sich vom Investment- bis zum Whatsapp-Betrug.
Das Video von der Aushebung eines Kriminellennetzwerkes in Lettland auf der Europol-Webseite ist beeindruckend: Abertausende SIM-Karten stecken aktiviert in SIM-Boxen. Noch viele mehr bedecken sauber gestapelt die Arbeitsflächen; jede einzelne bereit, um bei Bedarf für eine beliebige Straftat angemietet zu werden: für Betrug, Erpressung, Verbreitung von Kinderpornografie oder anderes. Cybercrime-as-a-Service lautet das Schlagwort für solche Dienste – also digitales Verbrecherservice.
Am 10. Oktober nahmen Behörden aus Lettland, Österreich und Estland gemeinsam mit Europol und Eurojust das Anbieternetzwerk hoch, das hauptsächlich von Lettland aus aktiv war. 1.700 einzelne Cyberbetrugsfälle in Österreich dürften mithilfe der Infrastruktur abgewickelt worden sein, 1.500 in Lettland. Allein in Österreich beläuft sich der bisher bekannte Schaden auf rund 4,5 Millionen Euro, in Lettland auf 420.000 Euro.

© State Police of Latvia / Arturs Andrejs Blomkalns
Hauptverdächtiger amtsbekannt
Bei der "Simcartel"-Operation wurden fünf Personen in Lettland und zwei in Estland verhaftet, wobei ein Hauptverdächtiger in Estland bereits wegen versuchten Mordes und Erpressung in Haft saß. Beschlagnahmt wurden Hardware – darunter fünf Server, 1.200 SIM-Boxen sowie 40.000 aktive SIM-Karten, die gerade parallel für Verbrechen genutzt wurden, und weitere Hunderttausende inaktive SIM-Karten – sowie Bankkonten, Kryptowährungen, Bargeld und Luxusfahrzeuge. Zwei Websiten (gogetsms.com und apisim.com), die den illegalen Dienst anboten, wurden gesperrt.
Bei dem Online-Dienst waren Telefonnummern aus über 80 Ländern erhältlich, wie Europol und das österreichische Bundeskriminalamt mitteilen. Über die Infrastruktur wurden 49 Millionen gefälschte Konten für soziale Medien und Kommunikationsplattformen eingerichtet, mit denen anonym Straftaten begangen werden konnten.
Vielfältiges Spektrum
Nutzer des Dienstes hatten sich auf verschiedene Bereiche spezialisiert, darunter Betrug auf Online-Gebrauchtwarenmärkten, Tochter-Sohn-Scam (Kind hat angeblich eine neue Telefonnummer und braucht Geld), Anlagebetrug (Opfer werden z.B. telefonisch aufgefordert, größere Summen zu "investieren"), gefälschte Shops und Bank-Websites (gemietete Telefonnummern werden mit gefälschten Bankseiten verbunden). Eine Gruppierung präsentierte sich – vorwiegend bei russischsprachigen Opfern – als russische Polizei und vereinnahmte so illegal Geld. (eml)















