Der Supreme Court in London, der Oberste Gerichtshof Großbritanniens, hat dem Hauptbeschuldigten im sogenannten Libor-Skandal, Tom Hayes, am Mittwoch (23.7.) nach mehr als zehn Jahren recht gegeben. Damit hat das Gericht den ehemaligen Händler der beiden Großbanken UBS und Citigroup im Nachhinein faktisch vom Vorwurf der Manipulation an den Finanzmärkten freigesprochen. Dies berichtet das "Handelsblatt".

Hayes war 2015 nach einem zweimonatigen Prozess in London verurteilt worden. Er wurde für schuldig befunden, gemeinsam mit anderen Händlern und Brokern den Referenzzins "London Interbank Offered Rate", kurz Libor, manipuliert zu haben, um damit eigene Handelspositionen in die Höhe zu treiben. Hayes erhielt eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren, die später verringert wurde. 2021 wurde er aus dem Gefängnis entlassen. Seitdem kämpft er für den Beweis seiner Unschuld.

Vorwürfe gegen 25 Händler
Der Skandal um die Libor-Manipulation erschütterte vor 13 Jahren den Finanzplatz London. 2012 waren Vorwürfe gegen 25 Händler von mindestens zehn Banken erhoben worden, die den Libor-Satz damals täglich durch ihre Zinsprognosen festlegten. Ihnen wurde zur Last gelegt, sie hätten den Zins zu ihren Gunsten beeinflusst.

Die "London Interbank Offered Rate" wurde in den 1980er Jahren von einer britischen Bankenvereinigung entwickelt, um ein international einheitliches Maß für Geldmarktsätze zu schaffen. Als Folge des Manipulationsskandals wurden die Libor-Referenzzinssätze abgeschafft und durch neue Barometer wie €STR, SONIA oder SOFR ersetzt.

Geschworene falsch instruiert
Der Oberste Gerichtshof in London hat das Urteil gegen Tom Hayes und auch gegen den früheren Barclays-Händler Carlo Palombo aufgehoben. Dem "Handelsblatt" zufolge beanstandeten die Richter, die Geschworenen seien in dem früheren Verfahren falsch instruiert worden. Die britische Staatsanwaltschaft für schwere Betrugsdelikte, die Hayes' Verurteilung erwirkt hatte, verzichte darauf, den Prozess wieder aufzurollen, schreibt die Zeitung. Unklar bleibe, wer tatsächlich die Hauptverantwortung für die damaligen Libor-Manipulationen trägt. (am)