Kryptos in die Verfassung? Schweizer starten "Bitcoin-Initiative"
Die Schweiz wird sich wohl (wieder einmal) mit ihrem Verhältnis zum Geld auseinandersetzen müssen – jedenfalls wenn es nach dem Willen der Bitcoin-Anhänger geht.
Nachdem der designierte US-Präsident Donald Trump eine lockerere Regulierung für Kryptowährungen in Aussicht gestellt hat, ist das weltweite Interesse an Bitcoin spürbar gestiegen. In der Schweiz haben Krypto-Enthusiasten die sogenannte "Bitcoin-Initiative" ins Leben gerufen, mit dem Ziel, Bitcoin in der Bundesverfassung zu verankern. Ihr Plan sieht vor, Bitcoin neben dem Dollar, Euro und Gold als Teil der Währungsreserven der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu etablieren. Um eine Volksabstimmung zu erreichen, müssen bis 2026 insgesamt 100.000 Unterschriften gesammelt werden.
Schweiz gilt als Krypto-Vorreiter
Eine Studie der Hochschule Luzern ergab, dass bereits elf Prozent der Bevölkerung digitale Vermögenswerte besitzen. In Städten finden sich Krypto-Geldautomaten, und seit 2016 kann man Bitcoin sogar an Fahrkartenautomaten der Schweizerischen Bundesbahnen kaufen. Der steuerfreundliche Kanton Zug, auch bekannt als "Crypto Valley", hat zahlreiche Start-ups und Stiftungen aus dem Bereich der Digitalwährungen angezogen. Zudem bieten große Finanzinstitute wie die staatliche Post Finance zunehmend Dienstleistungen für Kryptowährungen an.
Doch die Schweizerische Nationalbank steht dem Vorstoß skeptisch gegenüber. Ihre Verantwortlichen betrachten Bitcoin aufgrund seiner starken Kursschwankungen als risikoreich. "Bei hoher Volatilität besteht das Risiko, dass das Eigenkapital der SNB schrumpft, wenn die Märkte fallen", erklärte UBS-Ökonom Alessandro Bee. Auch verweist die SNB auf ihre Verfassung, die vorschreibt, dass Gold ein zentraler Bestandteil der Reserven bleibt.
Die Befürworter der Initiative setzen dennoch auf die Offenheit der Schweizer Bevölkerung gegenüber technologischen Innovationen und betonen die Unabhängigkeit von Bitcoin gegenüber staatlichen Eingriffen. Laut Yves Bennaïm, Vorsitzender der Initiative, würde Bitcoin der Schweiz erlauben, Reserven in einem Vermögenswert zu halten, der nicht von einer fremden Nation kontrolliert wird.
Run auf Bitcoin-Seminare
Parallel zu den politischen Bemühungen steigt auch das öffentliche Interesse an Kryptowährungen. Im House of Satoshi, einem Bildungszentrum in Zürich, sind Seminare zur Einführung in Bitcoin für Wochen ausgebucht. Die Teilnehmer kommen aus allen Gesellschaftsschichten, von Unternehmern bis zu Rentnern. "Die dezentrale Natur von Kryptowährungen passt perfekt zur Schweiz", sagt Rino Borini, Mitbegründer des Zentrums.
Obwohl die SNB ihre Haltung als konservative Bastion der Geldpolitik nur schwer ändern dürfte, könnte die zunehmende Akzeptanz von Kryptowährungen auf lange Sicht zu einem Umdenken führen. Die Organisatoren hoffen, dass eine Volksabstimmung, auch wenn sie nicht erfolgreich ist, die Diskussion vorantreibt und die Schweizer Bevölkerung für die Vorteile von Bitcoin sensibilisiert. (mb/Bloomberg)