Klagewelle gegen Anleihen-Abschreibung bei Credit Suisse
Die Rettung der Credit Suisse durch die UBS wird ein gerichtliches Nachspiel haben. Rund 1.300 Halter von Nachranganleihen der Credit Suisse klagen gegen die Entscheidung der Schweizer Finanzaufsicht, diese Anleihen vollständig abzuschreiben.
Sechs Wochen nach der Übernahme und somit Rettung der Credit Suisse durch den ehemaligen Rivalen UBS drohen Gerichtsverfahren wegen der Abschreibung von nachrangigen Anleihen der Credit Suisse. Mindestens 120 Beschwerden gegen Abschreibung von sogenannten Additional-Tier-1-Anleihen (AT1) im Nennwert von 16 Milliarden Schweizer Franken seien eingereicht worden. Diese Beschwerden repräsentieren rund 1.300 Investoren, erklärte ein Sprecher des zuständigen Schweizer Bundesverwaltungsgerichts. Eine nominelle Frist für die Beschwerden lief am 3. Mai ab.
Worum geht es überhaupt? Die AT1-Anleihen wurden nach der Finanzkrise 2008 geschaffen, um Gläubigern Verluste aufzuerlegen, wenn Banken in Schwierigkeiten geraten. Es handelt sich um nachrangige Schuldverschreibungen von Banken, die dem Eigenkapital der Kreditinstitute zugerechnet werden und allen anderen Verbindlichkeiten der emittierenden Bank nachgeordnet sind. Wird die Bank zahlungsunfähig, werden zunächst die Ansprüche aller anderen Gläubiger befriedigt, die Inhaber der AT1-Anleihen werden als Letzte vor den Aktionären berücksichtigt. Auf der anderen Seite werfen sie genau daher in guten Zeiten satte Renditen ab.
Aufsicht ordnete Abschreibung an
Bei der Credit Suisse gingen Besitzer von AT1-Bonds auf Anordnung der Aufsicht vollkommen leer aus, obwohl die Aktionäre eine Entschädigung in Höhe von drei Milliarden Franken von der UBS erhalten – was zwar einen hohen Abschlag zum Marktwert bedeutet, aber keinen Totalausfall. Die Finma begründete die Abschreibung der Anleihen damit, dass ein Teil der UBS-Übernahme eine staatliche Unterstützung der Credit Suisse darstellt.
Die klagenden AT1-Investoren argumentieren, dass die gesetzliche Grundlage für die Abschreibung nur einen Tag vor der Notübernahme geschaffen worden sei und dass die Abschreibung der Grundregel widerspreche, dass Aktionäre zuerst Verluste tragen und dann erst Gläubiger herangezogen werden dürfen – auch wenn sie nachrangige Anleihen halten. Die Finma wollte sich zu den Beschwerden nicht äußern und verwies auf ihre bekannten Erläuterungen zum Thema.
Klageziel: Rechtliche Begründung in die Hand bekommen
Das Hauptziel der Anleger ist es, ihre Investitionen zurückzuerhalten. Die Beschwerden zielen aber auch darauf ab, eine Kopie des schriftlichen Bescheids zu bekommen, in dem die Abschreibung durch die Finma rechtlich begründet wird und der bislang unter Verschluss gehalten wird. Derzeit ist der Inhalt nur der Finma, der Schweizer Regierung, der Credit Suisse und der UBS bekannt.
Das Gericht wird entscheiden, welcher der Fälle die strittigen Punkte am besten erfasst. Dieser Fall wird dann zum Testfall, und die anderen Klagen werden auf der Grundlage dieses Falles beurteilt, sagte der Gerichtssprecher. (Bloomberg/jb)