Infina-Chef nach dem Ende der KIM-V: "Kein Boom, sondern Aufarbeitung"
Nach dem Aus der KIM-Verordnung erleben Wohnbaukredite eine Erholung. Infina-Geschäftsführer Christoph Kirchmair erklärt, warum klare Leitplanken sinnvoller sind als starre Vorschriften – und welche Rolle Kreditvermittler künftig spielen.
Mit Ende Juni 2025 ist die umstrittene Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) ausgelaufen. Sie hatte in den vergangenen Jahren teils massive Kritik ausgelöst: Zu hohe Hürden für Kreditnehmer, rigide Vorgaben zur Eigenkapitalquote und eine strikte Schuldendienstquote (DSTI) von maximal 40 Prozent des Nettoeinkommens hatten den Eigentumserwerb für viele unerschwinglich gemacht.
Tatsächlich ist mit dem Ende der KIM-V nicht alles vorbei. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat die zentralen Parameter – 90 Prozent Beleihungsquote, 40 Prozent DSTI, 35 Jahre Laufzeit – in ihr aktuelles Rundschreiben übernommen und verlangt nun quartalsweise Berichte. Auch EU-Institutionen wie die EZB und der IWF sprechen sich für eine gesetzliche Verankerung dieser Standards aus.
Nachfrage steigt, doch von einem Boom kann keine Rede sein
Der österreichische Markt für private Wohnbaufinanzierung erholt sich sichtbar: Im ersten Halbjahr 2025 stieg das Neugeschäft um rund 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Hintergrund ist aber eher ein Nachholeffekt – nach dem pandemiebedingten Höhepunkt 2021 war das Kreditvolumen in der Folge um über 55 Prozent eingebrochen. "Was wir derzeit beobachten, ist weniger ein Boom als die schrittweise Abarbeitung eines strukturellen Rückstaus", erklärt Christoph Kirchmair, Geschäftsführer des Kreditvermittlers Infina. "Die Nachfrage bleibt insgesamt verhalten – trotz sinkender Zinsen."
Infina selbst konnte zwischen Jänner und Juli 2025 ein Kreditvolumen von 800 Millionen Euro vermitteln – ein Plus von rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Unternehmen sieht sich dabei als zuverlässiges Marktbarometer. "Unsere Größe erlaubt uns, einen verlässlichen Querschnitt über die Strategien der Institute und die Bedürfnisse der Kunden zu liefern", so Kirchmair.
Spielräume durch gut begründete Ausnahmen
Auch wenn die offiziellen Leitlinien weiterhin gelten, haben Banken ihre Praxis angepasst. Sie nutzen laut Kirchmair das gesetzlich vorgesehene 20-Prozent-Kontingent für Ausnahmen mittlerweile gezielter aus. In gut dokumentierten Fällen – etwa bei hohem Haushaltsüberschuss, vorhandenen Sicherheiten oder absehbaren Sondertilgungen – werden sogar DSTI-Werte von bis zu 50 Prozent akzeptiert. "Die grundlegenden Standards bleiben bestehen, werden aber heute mit mehr Augenmaß angewendet", betont Kirchmair. "Entscheidend ist die Plausibilität und Nachvollziehbarkeit jeder Abweichung."
Ein wichtiger Impuls kam zudem mit der Novelle des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes (HiKrG) vom Mai 2023: Seither ist auch bei Kreditnehmern über den klassischen Altersgrenzen eine Kreditvergabe möglich – sofern ausreichende Sicherheiten vorhanden sind. Das erweitert den Markt vor allem für ältere Antragsteller.
Vermittler gewinnen an Bedeutung
Für Kreditvermittler hat sich die Rolle seit dem Ende der KIM-V deutlich verändert. Die Anforderungen an Beratung, Dokumentation und Kommunikation mit den Banken sind gestiegen – und mit ihnen der Wertbeitrag professioneller Vermittler. "Wir koordinieren bankübergreifend Ausnahmen, dokumentieren die Plausibilität jedes Falls und stellen sicher, dass alle KYC-Anforderungen erfüllt werden", erklärt Kirchmair. Die eigene Vermittlungsplattform Profin wurde umfassend weiterentwickelt, mit über 30 neuen Funktionen und Anpassungen, um den aktuellen Standards gerecht zu werden.
Leitplanken statt Fußfesseln
Für Kirchmair ist klar: Der Markt braucht weder übertriebene Strenge noch völlige Freiheit. "Ein zu starres Festhalten an den alten Parametern würde Eigenheimträume und Investitionen bremsen, während ein Regime ohne Vorgaben die Finanzmarktstabilität gefährden könnte", warnt er. Die aktuelle Kombination aus klaren Richtwerten, flexiblen Ausnahmemöglichkeiten und professioneller Vermittlung sei aus seiner Sicht der beste Weg nach vorne: "So sichern wir sowohl die Leistbarkeit für Kreditnehmer als auch die Stabilität für den Finanzmarkt – und schaffen Raum für nachhaltige wirtschaftliche Impulse." (gp)















