Fünf Prozent der Gewerbeimmobilienkredite in den 2024er-Bilanzen der österreichischen Banken sind notleidend, nach nur 1,5 Prozent im dritten Quartal 2023. Aus Sicht der Finanzmarktaufsicht (FMA) wäre ein so hohes Niveau vermeidbar gewesen. FMA-Vorstand Helmut Ettl sprach bei der Präsentation des Jahresberichtes von etlichen "Mini-Signas" – Immobiliengesellschaften, die erst durch fragwürdige Kreditvergabemethoden entstehen konnten.

Nicht zuletzt hätten Banken unnötige Risiken angehäuft, indem sie umfangreiche Kredite an Einzelprojekte vergaben, die aber in Wirklichkeit verbundene Unternehmen darstellten. "Viele haben die Augen verschlossen", so Ettl. Bei der vorgeschriebenen Prüfung einer Vernetzung ihrer Kreditkunden hätten es viele Banken nicht so genau wissen wollen. Da wurden dann zwar oft wirtschaftliche Verbindungen angeschaut, aber organisatorische Verflechtungen wurden außer Acht gelassen, wie Ettls Vorstandskollege Eduard Müller erklärte. Wenn getrennte Unternehmen durch denselben Geschäftsführer geleitet werden, müsse das bei den Banken Vorsicht auslösen. 

"Nachschulungen"
Man habe das Thema der Verflechtungen in den vergangenen Monaten mit den Instituten in der Kommunikation verstärkt angesprochen. "Da gibt es in einigen Banken Nachschulungen", sagte Ettl auf Nachfrage. Die Situation hat sich laut den Vorständen verbessert.

Ettl erinnerte daran, dass sowohl die Eintragungen von Großkrediten in das zentrale Kreditregister (ZKR) als auch die Nachschau darin ernst genommen werden sollten. In das ZKR muss ab gewissen Schwellen verpflichtend jeder Kredit eingemeldet werden, es dient dazu, der Aufsicht und den Banken anzuzeigen, wie hoch ein Großkreditnehmer bereits verschuldet ist. "Die Vernachlässigung von Eintragungen ist in Österreich mit sehr hohen Pönalen verbunden", so Ettl.

Laut FMA-Angaben können es bei Fehleintragungen bis zu 150.000 Euro sein. Theoretisch auch bis zu fünf Millionen Euro, dies jedoch bei Vorsatz, was aufgrund der Tatsache, dass Großkredite in Banken von etlichen Stellen abgesegnet werden müssen, weniger denkbar ist. Grundsätzlich gebe es wenige Strafen in dem Bereich, stellte ein Sprecher klar. Man setze auf Information.

EU verlangt von Banken mehr "Gruppensinn"
Dass die Banken bei der Feststellung von Gruppenbildungen im Kreditportfolio genauer hinsehen müssen, verlangt auch die EU. Im Juli 2024 sind die seit Längerem bekannten EBA-Leitlinien zu den "Gruppen verbundener Kunden" (GvK) als EU-Verordnung in Kraft getreten. Es zählen nicht nur "harte" Kriterien wie Stimmenmehrheit oder beherrschender Einfluss. Eine Risikogruppe ist auch zu bilden, wenn "weiche" Kriterien wie strategische Entscheidungsbefugnisse oder eine abgestimmte Geschäftsführung vorliegen.

In der "Nachschulung" zu Themen wie GvKs dürfte ein hoher Anteil an Regionalbankern sitzen. Bei den Pleiten der jüngeren Vergangenheit zeigte sich ein erstaunlich hohes Engagement von kleinen Instituten fernab der Heimat; aber offenbar auch fernab der eigenen Kernkompetenzen (die Redaktion berichtete, etwa hier). Diese Banken hätten sich besonders in Wien Filetstücke erhofft, aber de facto "das bekommen, was dort keiner machen wollte", so Ettl. 

Puffer für Gewerbeimmobilienkredite
Dass die Probleme am gewerblichen Sektor nicht allein an der allgemeinen Immobilienmarktkrise liegen, zeigt der EU-Vergleich. Die österreichischen fünf Prozent an Non-Performing Loans (NPL) im Gewerbe liegen deutlich über dem EU-Durchschnitt von 4,3 Prozent. Die Krise am Immobilienmarkt sei nicht vorbei, so Ettl und Müller.

Wegen der hohen Problemquote bei den Gewerbeimmobilien müssen die Banken in Österreich auf Empfehlung des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) ab 1. Juli speziell in diesem Bereich einen zusätzlichen Kapitalpuffer von einem Prozent bilden. Das wird bei den Banken Kapital in Höhe von rund 600 Millionen Euro binden. Nicht vom Puffer betroffen ist die gemeinnützige Immobilienwirtschaft. Hier gebe es kaum Ausfälle, wie Ettl betonte. 

44 Banken in Österreich, rund zehn Prozent aller Institute, haben eine erhöhte NPL-Quote von über fünf Prozent. Zusammen kommen diese Häuser auf einen Marktanteil von 20 Prozent. Sie bekommen einen Abbaukalender vorgesetzt. "Im Unterschied zu früher müssen diese Kredite bearbeitet werden. Man kann sie nicht in der Bilanz mitlaufen lassen und hoffen, dass sich die Situation verbessert", sagte Ettl. 

Schwerpunkt
Der Immobiliensektor bleibe 2025 "einer unserer großen Schwerpunkte", so die FMA-Vorstände. Im inländischen Kreditgeschäft seien die Immobilienwirtschaft und die angeschlossene Bauwirtschaft mit 70 Prozent aller Ausleihungen das wichtigste Segment der Banken. Im privaten Wohnimmobiliengeschäft sind es 134 Milliarden Euro, im gewerblichen Sektor 128 Milliarden Euro.

Die insgesamte NPL-Quote – inklusive der Kredite an Privathaushalte und andere Ausleihungen – liegt bei drei Prozent (2023: 2,2 Prozent). "Sehr genau beobachten" will die Aufsicht die Entwicklung der Vergabestandards nach Auslaufen der KIM-V, die für Wohnkredite an Private gilt. Die 2022 eingeführten strengeren Regeln laufen diesen Sommer aus. Sie sollen als Empfehlungen in ein Rundschreiben der FMA eingebaut werden. Außerdem müssen die Banken die Daten dazu vierteljährlich statt halbjährlich melden. Von einem früher angedachten eigenen Risikopuffer für Wohnkredite bleiben die Banken vorerst verschont. (eml)