Die seit Ende des Vorjahres neu zusammengesetzte EU-Kommission will in Europa einen kräftigen Bürokratieabbau vornehmen. Davon dürften auch die gewerblichen Finanzvermittler profitieren, die in den vergangenen Jahren eine hohe Dichte an Regulierungsmaterien wie IDD oder Offenlegungsverordnung in ihren Arbeitsalltag integrieren mussten. Wie Branchenvertreter berichten, steigen die zuständigen EU-Gremien nun bei den Regulierungsvorhaben in der Finanzvermittlung vom Gas.

Für Bereiche wie Dokumentationsvorschriften, "Value for Money", Benchmarkvergleiche und Provisionsverbot gibt es positive Signale, wie Hannes Dolzer, Obmann der österreichischen Finanzdienstleister, sagt. Unter anderem werde eine Reduktion des Dokumentationsaufwandes angestrebt.

"Value for Money" und Provisionsverbot
Gereift sein dürften auf EU-Ebene auch die Einstellungen zum "Value for Money". Wie zu hören ist, soll dieser nicht nur entlang der Kosten ausgerichtet sein, sondern anhand weiterer Indikatoren wie Service, Performance der Investments und Vertragsbedingungen geprüft werden. Das Gleiche gilt für Benchmarkvergleiche, bei denen abseits der Fees auch das Verhältnis der Kosten zu den Leistungen einfließen soll.

Die EU hatte in diesem Punkt viel Kritik einstecken müssen, weil sie in ihren "Value for Money"-Plänen die Qualität eines Produktes hauptsächlich unter dem Aspekt "Je billiger, desto besser" bemessen wollte.

Zu hören sei außerdem, dass das in den vergangenen Jahren im Raum stehende Provisionsverbot derzeit nicht auf der Tagesordnung steht, wie Dolzer sagte. Die bis Ende 2024 zuständige Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness wälzte noch Pläne für ein Komplettverbot von Zuwendungen der Produktanbieter an den Vertrieb. Vertrieb und Versicherungsunternehmen hatten scharf dagegen protestiert. Sie führten dabei auch die Erkenntnis ins Treffen, dass es in Märkten, in denen historisch gewachsene Provisionsberatungsmodelle verboten wurden, teils zu einem Versorgungsengpass der Bevölkerung mit Vorsorgeprodukten kam. Anscheinend priorisiert die neue EU-Kommission nun andere Ziele und will diese Debatte momentan nicht neu eröffnen.

Durchatmen in der Branche
Seitens der EU sei zu hören, dass aktiv an besseren Voraussetzungen für eine private Ruhestands-Vorsorge der Bürger gearbeitet werde. Derzeit seien – mit Ausnahme der Retail Investment Strategy – keine Arbeiten an neuen Rechtsvorschriften für den Bereich der Versicherungsvermittlung zu sehen, wie Dolzer erklärt. Er begrüßt die neuen Tendenzen und spricht von einer "Regulierungspause".

Gleichzeitig würden die zuständigen Gremien bei der Einhaltung der bestehenden Gesetze jedoch noch Verbesserungsbedarf sehen, wie Dolzer sagt. Basis für die Unzufriedenheit sind EU-weite Testkäufe (Mystery Shopping), bei denen die Kunden oft keine PRIIPs-KIDs erhalten hatten und ihnen teilweise ungeeignete Produkte empfohlen wurden. (eml)