"ESG" im Fondsnamen: Die Pläne der ESMA – und die Kritik der Branche
Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA arbeitet an strengeren Regeln für Fonds, die Begriffe mit Bezug zum Thema Nachhaltigkeit im Namen führen. Die Konsultationsfrist für einen Leitlinienentwurf ist abgelaufen. In der deutschen Fondsbranche kommen die Pläne der Pariser Behörde nicht allzu gut an.
Nur wo wirklich "grün" drin ist, soll auch "grün" draufstehen. Diese Auffassung vertritt die Europäische Wertpapier- und Marktaufsicht (ESMA). Daher arbeitet die Pariser Behörde derzeit an quantifizierbaren Vorgaben für Fonds, die das Kürzel "ESG", das Schlagwort "nachhaltig" oder ähnliche Bezeichnungen im Namen führen. Einen Entwurf für entsprechende Leitlinien hatte die ESMA im November vergangenen Jahres zur Konsultation gestellt. Am Montag (20.2.) ist die Frist, innerhalb derer Investmenthäuser dazu Stellung nehmen konnten, ausgelaufen.
Die deutsche Fondsbranche zeigt sich von den Vorschlägen der europäischen Aufseher nur mäßig angetan. "Die Stoßrichtung der Initiative ist gut, weil sie den EU-weiten Flickenteppich in der Verwaltungspraxis bei den Anforderungen an die Fonds beenden würde", erklärt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI.
Ungünstiger Zeitpunkt
Allerdings habe die ESMA einen schlechten Zeitpunkt gewählt, da die Europäische Kommission für den Sommer dieses Jahres offenbar eine Überprüfung der seit März 2021 geltenden EU-Offenlegungsverordnung (englisch SFDR abgekürzt) plane. Dabei wolle sie auch die Einführung von ESG-Siegeln für alle Finanzprodukte diskutieren. "Im Vorfeld wäre deshalb eine Festlegung von ESG-Kategorien ausschließlich für Fonds kontraproduktiv", so Richter.
Die quantitativen Vorgaben, welche die Pariser Behörde in ihrem Leitlinienentwurf skizziert hat, fallen zudem recht streng aus. So schlägt die ESMA vor, dass ein Fonds, der die Abkürzung "ESG" im Namen verwendet, künftig mindestens 80 Prozent seiner Investitionen in Bereichen halten muss, die der eigenen Strategiebeschreibung entsprechen. Wird im Fondsnamen mit Schlagworten wie "nachhaltig" oder vergleichbaren Begriffen geworben, sind zusätzlich mindestens 50 Prozent nachhaltige Anlagen im Sinne des Artikels 2 der SFDR erforderlich.
Zum Umdenken gezwungen
Sollten diese messbaren Kriterien tatsächlich gültig werden, würden sie Asset Manager dazu zwingen, die Gestaltung und Vermarktung ihrer Produkte, die nach Artikel 8 der SFDR eingestuft sind, zu überdenken. Nach Schätzungen von Morningstar erfüllen derzeit nur 18 Prozent der in Summe vier Billionen Euro schweren Artikel-8-Fonds die von der ESMA erwogenen Vorgaben.
Der BVI unterstützt in seiner Stellungnahme zum ESMA-Entwurf zwar grundsätzlich das Ziel, irreführende Fondsnamen künftig zu vermeiden. Die Schwelle von 80 Prozent wirke aber restriktiv. Sie schränke die Möglichkeiten von Sondervermögen zur Risikoabsicherung in schwankenden Marktphasen ein, teilt der Verband mit. Auch habe die ESMA offenbar nicht bedacht, dass einige Fondstypen, etwa offene Immobilienfonds, Liquiditätspuffer bis zu 49 Prozent aufbauen können. "Eine Verpflichtung zu mindestens 80 Prozent ESG-konformer Anlagen wäre für solche Fonds nicht haltbar", so der BVI.
Bewertung kaum möglich
Die geforderte 50-Prozent-Schwelle, die eingehalten werden soll, wenn ein Fonds den Begriff "nachhaltig" im Namen verwendet, könne auf Portfolioebene derzeit nicht seriös bewertet werden. "Es mangelt an klaren Kriterien für die Bewertung und Berechnung der nachhaltigen Investitionen", konstatiert der BVI. Die ESMA sollte hier die geplanten Klarstellungen durch die EU-Kommission abwarten.
Der Leitlinienentwurf empfiehlt außerdem, für alle Fonds, die das Kürzel "ESG" oder einen Begriff mit Bezug zum Thema Nachhaltigkeit im Namen führen, bestimmte Mindestausschlüsse vorzusehen. Diese hätten jedoch einen einseitigen Fokus auf Klimaaspekte und würden der Vielfalt der ESG-Ansätze nicht gerecht, findet der deutsche Fondsverband. (am)