Es vergeht kaum eine Woche, in der das Finanzministerium (BMF) nicht einen Erfolg der Steuerfahnder verkündet. Lohndumping beim Umbau, Abgabenhinterziehung bei Baustellenrazzia festgestellt, Sozialleistungsbetrug beim Formel 1 Grand Prix. Die Ahndung von wettbewerbs- und budgetschädigenden Praktiken steht sehr weit oben auf der Liste von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ).

Der Kontrollschwerpunkt liegt dabei rein auf "traditionellen" Branchen. Nicht ausdrücklich im Blickfeld stehen hingegen Influencer – Menschen, die ihr Geld mit der Erstellung von Online-Inhalten auf sozialen Medien wie Tiktok oder Instagram verdienen. Das BMF beschäftige sich zwar "seit einigen Jahren" mit dem Thema und beobachte Entwicklungen in anderen Ländern. "Dabei zeigte sich, dass Influencer in Österreich ihren steuerlichen Pflichten nachkommen", heißt es aber gegenüber der Redaktion.

Steuerfahnder: Hunderte Millionen allein in einem deutschen Bundesland
Bemerkenswert ist diese angebliche Steuerehrlichkeit angesichts aktueller Zahlen aus Deutschland. Allein im Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) gehen Steuerbehörden momentan davon aus, dass Influencer 300 Millionen Euro am Fiskus vorbeigeschleust haben. Eine Dimension, die dazu führte, dass am Landesamt für Finanzkriminalität erstmals ein eigenes Influencer-Team eingerichtet wurde.

Dort arbeiten die Steuerfahnder laut deutschen Medienberichten von Mitte Juli nun ein Datenpaket von mehreren Social-Media-Plattformen mit 6.000 Datensätzen ab. Nicht selten nehmen nach Erkenntnis der Behörden Influencer Zigtausende Euro pro Monat ein, ohne überhaupt eine Steuernummer zu besitzen. Gebräuchlich ist zudem das Nichtversteuern von geldwerten Vorteilen – eine Luxusreise, Kleidung, Schmuck, Autos.

Steuerbetrug in Social-Media-Kanälen schwer nachzuweisen
Für die Behörden ist der Nachweis alles andere als einfach: Oft verschwinden die geposteten Einträge nach Kurzem wieder. Und viele Influencer verlegen schlicht ihren Sitz ins Ausland – gerne nach Dubai, wie die "Tagesschau" berichtet.

Warum die österreichischen Influencer so viel steuerehrlicher sind, konnte beim BMF in Wien vorerst nicht in Erfahrung gebracht werden. Eine eigene Ermittlungsgruppe sei nicht nötig.

Unternehmen statt Influencer prüfen
Es sei ebenso wirksam, die Ausgaben jener Unternehmen zu prüfen, die ihre Produkte oder Werbung über Influencer platzieren, so eine Sprecherin des Ministeriums. Ein Ankauf von Datensätzen aus dem Bereich sei nicht geplant. Man setze auf den "Informationsaustausch von Daten über Anbieter auf Plattformen oder grenzüberschreitende Zahlungen".

Dass die Welt der Influencer in mehrerlei Hinsicht ein "Wilder Westen" ist, macht sich nur sehr langsam im tatsächlichen Aktions-Profil der Behörden bemerkbar. Gezielt widmet sich seit Kurzem etwa die Finanzmarktaufsicht (FMA) dem Thema.

FMA mit Finfluencer-Schwerpunkt
Im Blick hat sie sogenannte Finfluencer, Personen, die online Geld mit Finanz-Content verdienen. Diese beherzigen oft nicht jene Standards, die bei einem klassischen Vermögensberater von der Gewerbebehörde streng überprüft werden. Ein Problem ist auch hier der Überblick über das weite Feld. Gegengeschäfte, Provisionen oder Product Placements sind in diesem Sektor weder für die Konsumenten noch für die Behörden leicht zu durchschauen.

Im Jahr 2024 hat das Amt für Betrugsbekämpfung in Österreich rund 107 Millionen Euro an nicht bezahlten Steuern eingetrieben. Fast 200 Scheinfirmen wurden dabei zugesperrt. Durch eine Maßnahmenverschärfung will Finanzminister Marterbauer im kommenden Jahr den Betrag auf 270 Millionen Euro steigern, eineinhalb Mal so viel wie im Vorjahr.

Kontrollschwerpunkt 2025 sind die "traditionellen" Branchen: Straßentransport, Tourismus, Bau, Security und Events. Zudem geht es um das EU-weite Problem des Mehrwertsteuerbetrugs. (eml)