Betrugsbekämpfer holen über 100 Millionen Euro zurück
Die Regierung kratzt mit dem soeben präsentierten Sparpaket Million um Million zusammen. Geld fehlt dem Fiskus nicht nur aufgrund mangelnder Budgetdisziplin. Teuer kommen der Republik auch die systematischen Steuerbetrüger, wie die neuen Zahlen aus dem Finanzministerium (BMF) zeigen.
Allein jene Steuerbetrugsfälle, die entdeckt und geahndet werden konnten, brachten der Staatskassa im Jahr 2024 rund 107 Millionen Euro ein. Das teilt das BMF in einer Aussendung mit.
6.059 Finanzstrafverfahren wurden abgeschlossen. Insgesamt hat das Amt für Betrugsbekämpfung (ABB) mehr als 53.000 Arbeitnehmer in 26.644 Betrieben kontrolliert, 148 Hausdurchsuchungen durchgeführt und 159,6 Terabyte Beweisdaten sichergestellt, heißt es in der Aussendung. Im ABB laufen seit 2021 die Fäden der Abgaben- und Sozialbetrugsbekämpfungseinheiten des Finanzministeriums zusammen.
Vereine und Gold
Unter anderem hat das ABB im Vorjahr 195 Scheinunternehmen aufgedeckt. Zu den "kreativeren" Vorkommnissen zählt der Verkauf von mehr als 26 Vereinen, die zur Umgehung von Steuerzahlungen genutzt wurden. Ein Schmuckgeschäft in Wien wiederum versuchte, Steuerrückstände von über 35.000 Euro durch das Verstecken nicht punzierter Schmuckstücke und möglicherweise illegal ins Land geschmuggelter Goldbarren zu umgehen. Mehrere Kilogramm Gold wurden beschlagnahmt, wie es heißt.
Spektakulär war der Fall eines "ehemaligen Stadtangestellten", der mehr als 1,7 Millionen Euro veruntreute, was auch zu einer Steuerhinterziehung führte, da er das Geld nicht versteuerte.
Glücksspiel und Wirte
Mehrere Schläge gab es gegen illegales Glücksspiel, hier wurden Geldstrafen in Höhe von rund 1,9 Millionen Euro beantragt. Insgesamt hat das ABB bei 161 Glücksspielkontrollen 186 illegale Automaten beschlagnahmt.
Ein Softwarevertreiber aus Wien verkaufte Wirten manipulierte Registrierkassensysteme, die es ermöglichten, Umsätze zu löschen oder als Trinkgelder zu tarnen. Nachgewiesen wurden in 24 Restaurants Steuerhinterziehungen im Umfang von etwa 12,6 Millionen Euro.
Baugewerbe, Security, Welpenzucht
Im Baugewerbe wurden mehrere schwerwiegende Fälle von Steuerhinterziehung und illegalen Finanzpraktiken aufgedeckt. Ein Anbieter manipulierte über 1,1 Millionen Datensätze, um unversteuerte Verkäufe zu verbergen. Ein Bauunternehmer im Westen Österreichs wurde wegen langjähriger Abgabenhinterziehungen in Höhe von rund 3,45 Millionen Euro und Beweismittelfälschung zu einer Geld- und einer teilbedingten Haftstrafe verurteilt. Weitere Beteiligte erhielten als Beitragstäter Geldstrafen.
Zwei Großfälle stachen im Security-Sektor hervor. Darunter ein Personenschutzunternehmen, das Schwarzarbeiter in Botschaften beschäftigte. Wobei zudem unter dem Schutz der Immunität Drogen gelagert und verkauft worden sein sollen.
In die Rubrik bemerkenswert reiht sich ein Familienbetrieb ein, der über Jahre hinweg mit einer illegalen Hundezucht mehr als 1,42 Millionen Euro einnahm und nicht versteuerte.
Umsatzsteuerkarusselle
Durch internationale Kooperation konnten mehrere europaweite Umsatzsteuerkarusselle aufgedeckt werden. Darunter ein 195 Millionen Euro schwerer Betrug beim Handel mit Smartphones, Elektronikgeräten und Schutzmasken. Es gab 130 Hausdurchsuchungen in mehreren Ländern und 14 Festnahmen. Eine weitere internationale Operation förderte den bisher größten Mehrwertsteuerbetrug mit einem geschätzten Schaden von 2,9 Milliarden Euro zutage.
Unfaire Geschäftspraktiken würden nicht nur den Staat schädigen, sondern auch jene Unternehmen, die sich an die Regeln halten, betont Barbara Eibinger-Miedl, Staatssekretärin für Finanzen.
Geld fehlt
Ein Behördenerfolg von 107 Millionen Euro allein aus den entdeckten Fällen gibt jedenfalls angesichts des jüngst präsentierten Sparpakets Anlass zum Nachdenken. Es handelt sich um Größenordnungen, die für Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit und den künftigen Wohlstand fehlen. So sind im neuen Sparpaket etwa für das verpflichtende zweite Kindergartenjahr 80 Millionen Euro vorgesehen. Viel zu wenig, wie Ökonomen sagen. Und für die Entwicklung oder Anwerbung der so nötigen Fachkräfte sind 40 Millionen Euro reserviert. (eml)