Aufsichtskosten: Wertpapierfirmen ringen um Ausweg
Für Österreichs Wertpapierfirmen wird eine Lösung in der Frage drohender FMA-Kostenerhöhungen immer drängender. Die Behörde arbeitet an einem Vorschlag. Kapitalmarkt-Anwalt Martin Pichler fordert vom Gesetzgeber eine völlig neue Gebührensystematik.
Bei ihrer Kostenkalkulation blicken viele Wertpapierfirmen (WPF) momentan in eine Zukunft mit Fragezeichen. Sollte ihnen die Finanzmarktaufsicht (FMA) die Mehrgebühren überwälzen, wenn nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VwGH) die Zahlungen der Drittportfolioverwalter ausbleiben, dann würde einigen das Aus drohen, wie man beim Fachverband der Finanzdienstleister befürchtet.
Die Behörde sei sich der Herausforderung für die Unternehmen bewusst und arbeite an einem Vorschlag zur Adaptierung der Gebührenregeln, hieß es unlängst in einer Fachverbandsinformation an die Mitglieder. Ein FMA-Sprecher erklärte gegenüber der Redaktion, man sei "mit dem Gesetzgeber und dem Bundesministerium der Finanzen im regelmäßigen Austausch zu möglichen und sinnvollen Anpassungen in der Gesetzgebung".
Lage nach VwGH-Urteil unklar
Das VwGH-Erkenntnis, das die Diskussion über die Kostenverordnung auslöste, stammt aus dem Jahr 2023. Demnach fallen jene Verwaltungsaufgaben, die Wertpapierfirmen als delegierte Fondsmanager erbringen ("Drittportfolioverwaltung"), nicht unter die Wertpapierdienstleistung nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG 2018). Dieser Logik folgend argumentieren einige der WPF, dass ihre Umsätze aus der Drittportfolioverwaltung auch bei der Verteilung der Aufsichtskosten aus dem FMA-Subrechnungskreis 3 ("Erbringer von Wertpapierdienstleistungen") ausgeklammert werden müssten. Sie haben die Einzahlung der FMA-Kostenvorschreibung eingestellt und bekämpfen seitdem die jeweiligen Bescheide der Behörde.
An diesem Punkt erhöht sich die Nervosität der verbleibenden Wertpapierfirmen im Rechnungskreis. Bekanntlich teilen sich in Österreich die Unternehmen "ihre Aufsichtskosten" weitgehend direkt untereinander auf, während die Finanzierung der FMA aus dem Steuertopf mager ist. Fallen Unternehmen weg, verteilt sich die Gebührenlast auf weniger Schultern.
Die Hälfte der Zahlungen könnte wegfallen
In diesem Fall geht es um einen substanziellen Betrag: Rund ein Drittel bis zur Hälfte der Aufsichtskosten in dem Subrechnungskreis werden derzeit laut einer Schätzung der Wiener Wirtschaftskanzlei Akela von den Drittportfolioverwaltern bezahlt. Ein betroffener WPF-Geschäftsführer, mit dem die Redaktion sprach, geht davon aus, dass sich der Gebührenaufwand seines Unternehmens um einen deutlichen sechsstelligen Betrag erhöhen würde, wenn die Kollegen aus der Drittportfolioverwaltung als Zahler wegbrechen. Statt derzeit 2,4 Prozent vom Portfolioumsatz würde er dann rund vier Prozent an die FMA überweisen müssen. Das bei ohnehin schon engen Margen, wie der Manager betont.
Doch kann die FMA die Kosten so einfach umlegen? Akela-Partner Martin Pichler, dessen Kanzlei mehrere Drittportfolioverwalter im Verfahren gegen die FMA vertritt, hat Zweifel an der Zulässigkeit des kolportierten Umverteilungsmanövers. Aus seiner Sicht ist die automatische Kostenabwälzung auf die verbleibenden WPF ohne Drittportfolioverwaltung kein Naturgesetz, sondern vielmehr "willkürlich und rechtswidrig". Mit Blick auf das VwGH-Erkenntnis dürften die Kosten für die Aufsicht über das delegierte Fondsmanagement gar nicht in den "WAG-Topf" fallen, meint Pichler. Er sagt, die Firmen dürften sich in dieser Frage nicht gegeneinander ausspielen lassen.
Doppelverrechnung?
Ein weiterer Gedankengang: Da die Drittportfoliodienstleister laut VwGH-Urteil im Auftrag der Kapitalanlagegesellschaften (KAG) tätig sind, habe "es zumindest den Anschein, dass die Aufsicht ihre Kosten über das delegierte Fondsmanagement im Ergebnis doppelt verrechnet: einmal gegenüber den KAG, einmal gegenüber den Drittportfolioverwaltern", so Pichler. Eine Ansicht, die die FMA als "völlig unbegründet" zurückweist. Schließlich sei die Kostenaufteilung gesetzlich vorgeschrieben. Man halte sich an die geltenden Gesetze. Anwalt Pichler kritisiert derweilen, dass es von außen selbst für Experten nicht nachvollziehbar sei, wie genau die FMA-Kosten in den einzelnen Rechnungs- und Subrechnungskreisen zustande kommen. Er strebt eine höchstgerichtliche Prüfung der Aufsichtskosten an, beziehungsweise fordert, dass der Gesetzgeber die Kostenverordnung komplett neu aufstellt.
Nicht hinnehmbar sei zum Beispiel, dass die Wertpapieraufsicht als einziger der vier FMA-Rechnungskreise keinen Kostendeckel hat. Während Banken, Pensionskassen oder Versicherungen mitunter einen Promill-Anteil ihres Umsatzes an die Aufsicht zahlen, würden die Wertpapierfirmen durch die Aufsichtskosten, die sich im Prozentbereich ihres Umsatzes bewegen, überproportional belastet.
Fixkostenmodell für mehr Planungssicherheit
Mehr Planungssicherheit in Bezug auf die Aufsichtskosten würden Modelle wie in Luxemburg bieten, wo die Beaufsichtigten in einer Tabelle ihren fixen Grundbetrag ablesen können, schlägt Pichler vor. Denn die Wertpapierfirmen leiden nicht erst seit der Diskussion rund um die Drittportfolioverwalter unter einer systembedingten Volatilität. Momentan ist es so, dass auch ein höherer Umsatzrückgang bei einem größeren Einzelanbieter einen Vorschreibungs-Schock bei den Mitbewerbern auslösen kann. So geschehen rund um die starken Marktdynamiken nach der Corona-Pandemie.
Dass die Aufsicht durch die FMA immer teurer wird, liegt nicht vorrangig an der Behörde selbst, sondern am gestiegenen Aufwand. Anfang des Jahrtausends wachte sie gerade einmal über die Einhaltung von schlanken 660 Seiten Gesetzestext, heute sind es rund 7.000 Seiten. Abseits davon ist eine Finanzmarktaufsicht auf hochqualifizierte Mitarbeiter aus Bereichen wie Recht und Finanz angewiesen. Bei deren Entlohnung konkurriert die FMA mit finanzkräftigen Konzernen – seit einiger Zeit zum Beispiel auch mit der ebenfalls investitionsfreudigen Kryptobranche.
FMA: "WPF unterliegen laufender Aufsicht"
Vorerst hat sich in der Gebühren-Causa noch nichts geändert. Die Behörde schreibt den Drittportfolioverwaltern die anteilsmäßigen Gebühren weiter vor, denn sie legt die VwGH-Entscheidung anders aus als die "Rechnungskreisaussteiger". In dem Urteil ging es nämlich keineswegs um Kosten. Gegenstand war ein Verwaltungsstrafverfahren zur delegierten Portfolioverwaltung, die Kostenthematik ist eine Ableitung daraus. "Die Wertpapierfirmen sind ungeachtet des VwGH-Erkenntnisses weiterhin von der FMA konzessioniert und unterliegen ihrer laufenden Aufsicht. Daher haben sie gemäß WAG 2018 auch die Kosten entsprechend dem Verursacherprinzip mitzutragen", heißt es seitens der FMA. Man sei zuversichtlich, dass sich in den laufenden Verfahren zu den Kostenbescheiden die Rechtsauffassung der Behörde durchsetzen wird, heißt es gegenüber der Redaktion. (eml)