Angst vor Abwanderung: Schweizer lehnen Erbschaftssteuer für Reiche ab
Eine Volksabstimmung in der Schweiz sorgt für Zündstoff: Die von den Jungsozialisten geforderte Erbschaftssteuer für Superreiche stößt laut Umfragen auf breite Ablehnung. 67 Prozent der Stimmbürger lehnen die Initiative ab – viele fürchten Abwanderung und wirtschaftlichen Schaden.
Die Schweizerinnen und Schweizer werden voraussichtlich gegen die geplante Erbschaftssteuer für Superreiche stimmen. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage der Tamedia- und 20-Minuten-Zeitungsgruppe hervor. Demnach lehnen 67 Prozent der Befragten die Initiative ab, nur 31 Prozent befürworten sie.
Das Vorhaben, eingebracht von den Jungsozialisten (Juso), hatte in den vergangenen Wochen für hitzige Diskussionen gesorgt. Viele Bürger und Unternehmer befürchten, dass die Steuer wohlhabende Menschen dazu bringen könnte, das Land zu verlassen.
50-Prozent-Abgabe auf Vermögen über 50 Millionen Franken
Die sogenannte "Initiative für eine Zukunft" sieht vor, Vermögen über 50 Millionen Franken (etwa 54 Millionen Euro) mit 50 Prozent zu besteuern. Die Einnahmen sollen in Klimaschutzprojekte fließen.
Die Schweizer Bundesregierung lehnt die Reform ab. Auch Wirtschaftsverbände und Unternehmer warnten vor Kapitalflucht und Standortschwächung. Bern argumentierte, mögliche Steuermehreinnahmen würden durch Wegzüge wohlhabender Bürger wieder aufgezehrt – und am Ende könnte der Staat sogar weniger Geld einnehmen.
Erbschaftssteuer ist in der Schweiz Ländersache
Eine Erbschaftssteuer gibt es in der Schweiz bereits – sie wird aber auf Kantonsebene erhoben. In den meisten Kantonen sind direkte Nachkommen von der Steuer befreit. Nach Angaben der Regierung leben derzeit rund 2.500 Personen in der Schweiz mit einem Vermögen von über 50 Millionen Franken.
Gerade diese Zielgruppe hatte die Schweiz in den letzten Jahren als Zufluchtsort gewonnen – auch weil Länder wie Großbritannien oder Norwegen ihre Steuern für Reiche erhöht hatten. Kritiker der neuen Initiative befürchten, dass dieser Standortvorteil verloren gehen würde.
Wirtschaft warnt vor Dominoeffekt
Fast die Hälfte der Befragten, die sich gegen die Initiative aussprachen, nannte als Hauptgrund die Sorge vor Firmenverkäufen oder Betriebsverlagerungen ins Ausland. Das würde nicht nur den Wirtschaftsstandort schwächen, sondern auch Arbeitsplätze gefährden.
Die Regierung teilt diese Befürchtung und verweist auf mögliche Kettenreaktionen in der Wirtschaft. Die Gegner sehen in der Abgabe daher ein "Signal gegen den Wohlstand", während Befürworter argumentieren, die Superreichen müssten stärker zur Finanzierung der Klimapolitik beitragen.

Über die Initiative wird am 30. November entschieden. Nach den Regeln der direkten Demokratie kommt es zur Volksabstimmung, sobald die Initiatoren genügend Unterschriften gesammelt haben – was hier der Fall ist.
Am selben Tag stimmen die Schweizerinnen und Schweizer außerdem über eine zweite, ebenfalls kontroverse Vorlage ab: Frauen sollen künftig – wie Männer – zu Militär- oder Zivildienst verpflichtet werden können. Laut der Umfrage befürworten 51 Prozent diese Änderung, 44 Prozent sind dagegen. (mb/Bloomberg)















