Zahl der Privatanleger-ELTIFs in Österreich hat sich verdoppelt
Bei den langfristig orientierten European Long Term Investment Funds (ELTIFs) gibt es nach der Novellierung des rechtlichen Rahmens einen starken Zuwachs. Dennoch dürften die Produkte im Vertrieb vorerst ein Spartenprogramm bleiben.
Die Novellierung der EU-Regeln für die European Long Term Investment Funds (ELTIFs) hat dieser lange brach liegenden Fondssparte scheinbar Leben eingehaucht. Laut Datenbank der Finanzmarktaufsicht (FMA) sind heuer in Österreich 16 neue ELTIFs für den Vertrieb an Privatanleger dazugekommen. Damit verdoppelt sich der Bestand innert eines Jahres – insgesamt sind momentan laut FMA-Fondsdatenbank 30 ELTIFs für Privatinvestoren gelistet. Dazu kommen 17 weitere Produkte, die nicht für Kleinanleger zugelassen sind.
Allesamt handelt es sich um ELTIFs von ausländischen Gesellschaften. Eine österreichische Kapitalanlagegesellschaaft (KAG) befindet sich noch nicht unter den Emittenten, auch wenn es in manchen Häusern Überlegungen gibt. Angeboten werden die in Österreich momentan zum Vertrieb registrierten Fonds von Blackrock, Swiss Life AM, Schroder IM, Union Investment, BNP Paribas AM, J.P. Morgan AM, UBS AM, Muzinich & Co, Carne Global, Goldman Sachs AM, Amundi, CMI Europe, IQ EQ FM, Partners Group, Alter Domus. Wie aktiv diese Gesellschaften ihre hierzulande zugelassenen ELTIFs tatsächlich vertreiben, geht aus der Statistik nicht hervor.
Nischenthema
Die EU will mit dem neuen juristischen Rahmen den Geldfluss von Privatanlegern in die Realwirtschaft ankurbeln, also in ein Investitionsfeld, das im Wesentlichen nur großen institutionellen Investoren vorbehalten ist. Insbesondere soll mehr Anlegerkapital für den Mittelstand zur Verfügung gestellt werden. Im Zentrum stehen Zukunftsthemen wie Technologie, Infrastruktur, erneuerbare Energien, Digitalisierung und Innovation. Weil die alte ELTIF-Verordnung zu eng und starr war, gab es bisher kaum Produkte. Europaweit verwalteten diese Fonds, die seit 2015 erlaubt sind, per Ende 2023 laut Scope nicht einmal 14 Milliarden Euro.
Ob die ELTIFs angesichts der neuen, lockereren Vorgaben in nächster Zeit zu einer relevanten Sparte aufsteigen, wird von Experten bezweifelt. Hannes Dolzer, Obmann des Fachverbands der österreichischen Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer (WKO), verwies bei einem Termin vor Journalisten auf Schätzungen von Scope, wonach bis Ende 2026 ein gesamtes Marktvolumen von bis zu 35 Milliarden Euro erwartet wird. Ein hoher Zuwachs zwar, aber verschwindend gering im Vergleich zum Markt. Es gibt unter den OGAWs Einzelfonds, deren Vermögen doppelt so hoch sind wie der gesamte ELTIF-Markt. Für Dolzer ergibt sich der Eindruck, dass die EU mit den ELTIFs weniger eine Regelung sondern – einmal mehr – ein konkretes Finanzprodukt schaffen wollte. Dass Skepsis in diesem Fall angebracht ist, zeigt das Paneuropäische Pensionsprodukt (PEPP), das von der Industrie komplett ignoriert wird.
ELTIF 2.0
Die seit 10. Jänner 2024 gültige "ELTIF 2.0"-Regulierung ist gegenüber dem ersten Anlauf deutlich großzügiger. Eine Fondsgesellschaft kann etwa künftig diese Fonds ohne vorgegebene Mindestinvestitionssumme anbieten. So hat zum Beispiel Union Investment einen sparplanfähigen ELTIF, der ab nur 50 Euro im Monat erworben werden kann. Davor lag die Mindestsumme bei 10.000 Euro und erlaubt waren maximal zehn Prozent des Anlegerportfolios.
ELTIF 2.0-Fonds dürfen im Unterschied zur ersten Verordnung nun Sachwertinvestitionen unter der zehn-Millionen-Euro-Schwelle tätigen, was die Diversifizierung erleichtert. Außerdem werden die zulässigen Vermögensgegenstände erweitert: Einfache, transparente und standardisierte Verbriefungen sind ebenso zugelassen wie grüne Anleihen von qualifizierten Portfoliounternehmen (darunter fallen etwa nicht börsenotierte KMU mit Marktkapitalisierung bis 500 Millionen Euro aus einem EU-Land oder "kooperativem Drittland"). Ein ELTIF 2.0 kann zudem auch in OGAWs oder AIF investieren, was für die Liquidität im Fonds von Vorteil ist, weil diese Fonds leichter veräußert werden können, als ein klassisches direktes Privatmarktinvestment.
Pluspunkte und Risiken
Ein großer Pluspunkt des neuen ELTIF-Rahmens sei, dass Privatanleger nun unmittelbar in Projekte und Unternehmen investieren können, bevor sie an allgemeinen Börsen gelistet sind, wie Dolzer betont. ELTIFs dürften jedoch nur zur Diversifizierung dienen und nicht als Investment für Beginner. Insbesondere seien die langen Laufzeiten zu bedenken, die oft 15, aber genauso gut 50 Jahre betragen können.
Unbedingt müsse man sich vor einer Veranlagung die Rücknahmebedingungen ansehen, so Dolzer. Bei geschlossenen ELTIFs hat der Emittent ohnehin keine Rücknahmeverpflichtung. Doch auch bei offenen Produkten gibt es aufgrund der illiquiden Portfolioassets Mindesthaltedauern und – im Vergleich zu OGAWs – meist eng definierte Ausstiegsregeln.
Entscheidende Frage
Auch wenn die Veranlagungsgesellschaften bei offenen Eltifs gewisse Liquiditätstools vorweisen müssen, kann ein Ausstieg bei Marktturbulenzen schwierig werden. Entscheidend wird daher die Frage sein, ob sich bei den einzelnen Produkten flüssige Sekundärmärkte entwickeln, auf denen ausstiegswillige Anleger ihre Anteile an potenzielle Käufer weiterreichen können, so Dolzer.
Er sieht bisher kein großes Drängen der Kunden nach solchen Produkten. Es werde wohl eher so sein, dass sich der Absatz durch die Kommunikation von Produktanbietern und Vertrieb entwickeln werde, nicht durch die Nachfrage von den Anlegern. (eml)