Windhorst-Skandal: H2O zahlt Viertelmilliarde und gibt Lizenz ab
Die britische Finanzaufsicht FCA hat das Drama um die Investments der Fondsgesellschaft H2O in weitgehend illiquide Papiere aus dem Umfeld des deutschen Finanziers Lars Windhorst untersucht. Die Behörde wirft dem Haus gravierende Mängel und Verstöße vor. H2O betont, daraus Lehren gezogen zu haben.
Die Fondsgesellschaft H2O Asset Management muss an Anleger eingefrorener Fonds, die in illiquide Wertpapiere des schillernden deutschen Finanziers Lars Windhorst investiert hatten, einen Betrag in Höhe von 250 Millionen Euro ausschütten. Dies ordnete die britische Finanzaufsicht FCA an. Hintergrund der Zahlung sind "schwere" Mängel und Verstöße, die die Behörde bei einer Untersuchung festgestellt hat.
Eigentlich wäre eine "erhebliche" Geldstrafe fällig gewesen, so die Behörde. Doch die FCA habe sich darauf eingelassen, dass 250 Millionen Euro an die Anteilseigner der eingefrorenen Fonds fließen. Das Geld bringe H2O selbst auf. Zudem werde das Investmenthaus auf Fondsgebühren und Rechte an Investments in Höhe von 320 Millionen Euro verzichten. Schließlich habe sich H2O bereit erklärt, bis Ende des Jahres die Zulassung bei der britischen Aufsicht zurückzugeben.
"Irreführende" Informationen geliefert
"Die Aufgabe der Gesellschaft H2O war es, ihre Fonds ordnungsgemäß zu verwalten und die Anleger zu schützen. Das hat sie nicht getan", sagte Steve Smart, Direktor bei der FCA. "Und, um die Sache noch schlimmer zu machen, lieferte sie wiederholt irreführende Informationen an die FCA." Durch diesen Vergleich habe die FCA erreicht, dass betroffene Anleger Geld erhalten und H2O das regulierte Geschäft in Großbritannien einstellen werde.
"Mit diesem Vergleich erkennen wir die Feststellungen der FCA in Bezug auf die von H2O AM zwischen 2015 und 2019 getätigten Investitionen in private Wertpapiere an", kommentiert Loïc Guilloux, Vorstandschef von H2O AM, die Ergebnisse. In den vergangenen Jahren habe das Haus seine Organisation erheblich verbessert, die Risikomanagement- und Compliance-Teams ausgebaut sowie Governance und interne Verfahren gestärkt. "Diese Veränderungen stellen sicher, dass die Lehren aus dieser Zeit in unserer Unternehmenskultur verankert sind", so Guilloux.
Milliarden abgeflossen
Mehrere H2O-Fonds waren ins Schlingern geraten, nachdem im Juni 2019 durch einen Artikel der "Financial Times" bekannt wurde, dass die Portfolios zum Teil massiv in weitgehend illiquide Wertpapiere investiert hatten, die dem Umfeld des einst als "Wunderkind" gefeierten Windhorst zuzurechnen sind. Anleger zogen zeitweilig gut acht Milliarden Euro aus den H2O-Fonds ab. Bis dahin hatte H2O insgesamt ein Vermögen von gut 34 Milliarden Euro verwaltet.
Im August 2020 ordnete die französische Finanzaufsicht AMF die zeitweilige Schließung mehrerer Fonds an. Die Portfolios wurden in liquide und illiquide Fonds aufgeteilt. Die liquiden Fonds wurden im Oktober 2020 wieder geöffnet. Die illiquiden "Seitentaschen" mit einem geschätzten Volumen von 1,6 Milliarden Euro sollen aufgelöst werden. Das Verfahren zieht sich bis heute hin. Von Windhorst angekündigte Rückzahlungen verzögerten sich. Bislang flossen lediglich 229 Millionen Euro.
"Erfundene Aufzeichnungen und Sitzungsprotokolle"
Die britische Aufsicht wirft nach Abschluss ihrer Untersuchungen dem Investmenthaus H2O vor, "keine ordnungsgemäßen Due-Diligence-Prüfungen" bei Investitionen in Windhorsts Tennor-Gruppe oder verbundene Unternehmen ausgeführt zu haben. Die FCA stellte außerdem fest, dass H2O "nicht über angemessene Strategien oder Verfahren zur Handhabung potenzieller Interessenkonflikte" verfügte.
H2O habe der Aufsichtsbehörde obendrein "falsche und irreführende Angaben und Unterlagen, etwa erfundene Aufzeichnungen und Sitzungsprotokolle, vorgelegt". Die FCA stellte weiterhin über 50 Fälle fest, in denen H2O-Mitarbeiter Bewirtungen und Einladungen erhalten hatten, die aber nicht ordnungsgemäß deklariert wurden, darunter "die Nutzung einer Superyacht und eines Privatjets", so die Behörde. So habe Windhorst die H2O-Führung und zum Teil deren Familien auf seine Yacht eingeladen.
Rückkaufangebot für "Seitentaschen"
H2O will den Anteilseignern der eingefrorenen "Seitentaschen" nun anbieten, ihre Anteile zurückzukaufen, teilte das Haus weiter mit. Dann müssen aber die Fondsanleger auf weitere Forderungen, wie etwa Schadenersatz, verzichten. Die FCA wiederum betont, dass die 250 Millionen Euro den Anteilseignern zufließen werden, egal ob sie das Rückkaufangebot annehmen oder nicht. Die Auszahlung könne sich aber "um bis zu sechs Jahre" verzögern, wenn Anteilseigner das Rückkaufangebot ablehnen.
Eine Gruppe von rund 9.000 Investoren hat H2O vor einem französischen Gericht verklagt. Die Vereinigung namens Collectif Porteurs H2O fordert mittlerweile 850 Millionen Euro Schadenersatz. Die Anleger haben auch den ehemaligen Mehrheitseigner von H2O, die französische Bank Natixis, sowie den Wirtschaftsprüfer der Fonds, KPMG, und die Verwahrstelle der Fonds, Caceis, vor Gericht gezogen. Gegenüber der "Financial Times" bezeichnet Collectif Porteurs H2O die Höhe der Rückerstattungen, die die FCA erwirkt hat, als "schockierend niedrig". H2O habe seinen Anteilseignern in den vergangenen Jahren 1,2 Milliarden Euro an Dividenden ausgeschüttet.
Rekordbuße in Frankreich
Die britische Finanzaufsicht FCA wiederum verweist zur Begründung für das Strafmaß auf die rekordhohen Geldbußen in Höhe von insgesamt 93 Millionen Euro, welche die französische AMF 2023 gegen H2O sowie gegen die beiden Gründer Bruno Crastes und Vincent Chailley verhängt hat. Crastes darf zudem fünf Jahre keine Fonds lenken. H2O geht allerdings gerichtlich gegen die Entscheidung vor. (ert)