Analyse: Wie sich bei VV-Fonds die Gewichte verschieben
Mischfonds galten lange europaweit als Publikumslieblinge. Doch die Erfolgsserie riss in den vergangenen beiden Jahren ab. Erstmals seit langer Zeit zogen Anleger Mittel ab. Verändert sich in der Folge das Segment? Ein Blick auf wichtige Eckdaten des Marktes.
Mischfonds hatten in ganz Europa die Gunst der Anleger gewonnen. Das in dieser Fondsgattung verwaltete Vermögen stieg stetig. Doch dann kam das Jahr 2022. Im Zuge des gleichzeitigen Kursverfalls an den Aktien- und Anleihenmärkten infolge des Zinsanstiegs gerieten viele Mischfonds ins Schlingern. Bonds boten keine Sicherheit, um die Verluste an den Aktienmärkten abzufedern. Die Performance litt. Schlägt sich diese Wende auch in Kennzahlen des Segments nieder?
Schaut man auf das europaweit in Mischfonds liegende Vermögen, dann lag den Daten des Analysehauses LSEG Lipper zufolge das Volumen per Ende September 2024 mit 2,6 Billionen Euro wieder deutlich über dem Niveau von 2022 bei 2,2 Billionen – und nur etwas unter dem Hoch von 2,7 Billionen Euro des Jahres 2021. Doch beim Mittelaufkommen zeigt sich: 2023 und 2024 zogen Anleger erstmals seit Langem unterm Strich Geld aus Europas Mischfonds ab (klicken Sie auch durch die Grafiken oben).
Weniger Neustarts
Auch beim Blick auf Neuauflagen, Fusionen und Schließungen zeigt sich eine Trendwende. So verschwanden oder verschmolzen 2023 insgesamt erstmals mehr Mischfonds, als neue geschaffen wurden. Ein Blick auf die Daten zeigt, dass dieses Phänomen vor allem von einer geringeren Zahl der Neuauflagen herrührt. Das Niveau an Fusionen und Schließungen hat hingegen nicht zugenommen. Die Anbieter scheinen also weniger gewillt, neue Mischfonds zu lancieren.
Eine andere Perspektive auf das Multi-Asset-Feld eröffnet ein Blick auf die Zahl der Fonds nach Größengruppen. Dafür hat das auf den VV-Markt spezialisierte Researchhaus MMD Analyse & Advisory die Fonds des Segments in verschiedene Volumengruppen eingeteilt. Vergleicht man die Verteilung der Jahre 2016, 2020 und 2024, dann fällt zunächst auf, dass 2020 insbesondere der Anteil besonders kleiner Fonds, die weniger als fünf Millionen Euro verwalteten, höher ausgefallen ist. Per Ende September 2024 hat sich dieses Phänomen zurückgebildet.
In Bewegung
Im Jahr 2024 weist dagegen eine größere Zahl von Fonds ein Volumen von mehr als 50 Millionen Euro auf als zu den vorangegangenen beiden Messpunkten. Die Zahl der Fonds mit weniger als 20 Millionen Euro hat wiederum abgenommen. Das Feld hat sich zuletzt also eher in Richtung größere Fonds verschoben. Trotz der Bewegung muss festgehalten werden: "Eine umfassende Bereinigung im Bereich der kleinen VV-Fonds lässt sich aus den Daten nicht ablesen", sagt Nicolai Bräutigam, Geschäftsführer und Fondsanalyst bei MMD Analyse & Advisory. "Das Feld atmet im Verlauf der Zeit."
Wie etablierte Mischfondsmanager und junge Newcomer die Aussichten für Multi-Asset-Strategien einschätzen, erfahren Sie in der vollständigen Version dieses Artikels, der in Heft 4/2024 von FONDS professionell erschienen ist. Angemeldete Nutzer finden die Analyse auch hier im E-Magazin.
Ein deutlicher Unterschied offenbart sich bei der Wertentwicklung. "Fonds ab 100 Millionen Euro Volumen weisen eine höhere Rendite auf", stellt Bräutigam fest. Sowohl bei der Sicht auf ein Jahr wie auch auf drei Jahre weichen die erzielten Ergebnisse deutlich voneinander ab. "Das Geld fließt dahin, wo die Rendite ist", folgert Bräutigam.
Größenvorteil
Der Zusammenhang von Fondsvolumen und Rendite wurde bereits häufiger beleuchtet. So hat die Fondsratinggesellschaft Morningstar im Jahr 2022 in einer Analyse aufgezeigt, dass kleine Fonds gegenüber größeren Portfolios im Nachteil sind. Der Hauptgrund sind die Kosten. Da die meisten Fonds ans verwaltete Vermögen gekoppelte Gebühren erheben, führen die Größenunterschiede zu "enormen Differenzen bei den Einnahmen", stellten die Morningstar-Analysten fest.
"Große Fonds können mit den von ihnen generierten Gebühren eine größere Anzahl von Portfoliomanagern, Analysten und weiteren Mitarbeitern unterhalten", erläuterten die Experten. "Darüber hinaus bieten größere Fonds den Gesellschaften Spielraum, niedrigere Gebühren zu erheben, was den Anlegern zugutekommen kann." Fonds mit einem Volumen von weniger als 20 Millionen Euro würden dagegen schlicht zu wenig verdienen, um ein starkes Team bezahlen zu können.
Mangel an Skaleneffekten
Die Experten räumen aber auch ein, dass einzelne Fonds in ein breiteres Vermögensverwaltungsgeschäft eingebettet sein können und nicht die einzige Einnahmequelle eines Anbieters darstellen müssen. Grundsätzlich diagnostizierten die Morningstar-Experten allerdings einen Mangel an Skaleneffekten. Dies scheint auch im VV-Fondsmarkt noch akut. So beziffert sich 2024 der Anteil von Fonds mit einem Volumen von weniger als 20 Millionen Euro je nach Kategorie auf 16 bis 30 Prozent. 2020 und 2016 war der Anteil allerdings deutlich höher und rangierte zwischen 25 und fast 50 Prozent. (ert)