Bauherrenmodell-Investoren: Schock nach Studentenheim-Pleite
Nach dem Insolvenzantrag von Gscheit im Veedel zittern Investoren des Projektentwicklers Silver Living um ihre Investments. Die Studentenheime sind aber nicht die einzigen Probleme: Anleger mehrerer Projekte berichten über massive Überschreitungen bei den Zeit- und Kostenplänen.
Die Liste der Firmenpleiten wird täglich länger, nun schrecken auch Investoren des Projektentwicklers Silver Living auf. Der Studentenheim-Betreiber Gscheit im Veedel meldete Ende November Konkurs an (Az.: 27 S 193/24w, LG Graz). Das Unternehmen führt drei Wohnhäuser für Studierende, die von Silver Living entwickelt und gebaut wurden. Mit dem Insolvenzantrag wurde ein Albtraum der Investoren wahr, denn der Betreiber war bereits seit Langem mit den Zahlungen in Verzug.
Kurze Bedenkzeit für die Bauherren
Ein Studentenheim befindet sich direkt neben der Technischen Universität in Graz. Die Immobilie wurde im Rahmen eines Bauherrenmodells geplant und 2023 fertiggestellt. Ursprünglich sollte das Objekt an den Betreiber Greenbox vermietet werden. "Tatsächlich wurden uns erst Mitte Mai 2023 von Silver Living drei mögliche Mieter vorgestellt, wobei uns Gscheit im Veedel empfohlen wurde", berichtet ein betroffener Investor gegenüber FONDS professionell ONLINE.
Da die anderen beiden Unternehmen angeblich das Objekt nicht mehr im Herbst 2023 übernehmen hätten können und die Zeit für eine neue Betreibersuche zu knapp war, entschieden sich die Investoren für die erst 2021 gegründete Gscheit im Veedel, um ein Jahr Leerstand und zusätzliche Kosten zu vermeiden. Allerdings wies die Gesellschaft zum 31. Dezember 2022 ein negatives Eigenkapital und ein nicht vollständig eingezahltes Stammkapital auf. Firmeneigentümer ist der ebenfalls erst im September 2021 gegründete "Gscheit im Veedel – Verein für die Unterstützung bei Bildung und Wohnen". Pikantes Detail: Der Verein hatte damals dieselbe Adresse wie eine Grazer Tochtergesellschaft von Silver Living.
Zahlungsschwierigkeiten bestehen schon längere Zeit
Diese Umstände blieben den Investoren zunächst verborgen. Erst später kamen Details über die schlechte Bonität des Betreibers ans Licht. "Im Februar 2024 erfuhren wir durch Zufall, dass Gscheit im Veedel Mieten nicht bezahlt. Mitte März bestätigte Silver Living dies in einer lapidaren Mitteilung und erklärte, dass – ohne unser Einverständnis – direkt Klage eingereicht wurde. Über den weiteren Verlauf gab Silver Living keine oder nur unvollständige Auskünfte", ärgert sich der Investor im Redaktionsgespräch.
Das 2017 aufgelegte Investment steht offenbar unter keinem guten Stern. Denn schon die Gesamtinvestitionskosten von ursprünglich geplant 5,7 Millionen Euro liefen aus dem Ruder und betragen tatsächlich mehr als acht Millionen Euro. Allein die Planungs- und Baukosten liegen zwei Drittel über Plan. Dementsprechend viel Kapital mussten die rund 30 Investoren in diesem Projekt nachschießen.
Immobilienprojekte leiden unter großen Problemen
Auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE äußert sich Silver Living nicht zur Insolvenz des Betreibers. Ebenso offen bleibt die Frage, warum der junge Manager Ottokar Benesch vor wenigen Tagen kurzfristig als Geschäftsführer von Silver Living abberufen wurde. Er hatte zuletzt die operativen Fäden in der Hand und war als Krisenmanager gegenüber den Investoren aufgetreten. Probleme gibt es nämlich bei den Projekten des niederösterreichischen Entwicklers jede Menge.
Mit langen Verzögerungen bei den Behörden, steigenden Kosten und temporären Lieferengpässen wurden in den vergangenen Jahren praktisch alle Bauherrenmodelle gleichermaßen konfrontiert. Im Umfeld der Silver Living macht sich jedoch seit einigen Monaten Unmut breit, weil es bei zahlreichen Projekten Planüberschreitungen gibt, die über das generell im Markt bekannte Ausmaß hinausgehen.
Eines davon ist das Projekt "Lebensraum Eggenberg" in der Laudongasse 25 in Graz, das bis Ende 2023 errichtet sein und insgesamt 12,9 Millionen Euro kosten sollte. Von diesen Zielen sind die Investoren weit entfernt. Mit dem Bauen wurde bis dato nicht begonnen, trotzdem stiegen die Kosten bereits um mehrere Millionen Euro. Deshalb beschloss Mitte Oktober eine Mehrheit der Investoren, dass das Projekt nur mit veränderten Vorzeichen umgesetzt wird. (ae)
Den ausführlichen Bericht über die aus Investorensicht unerfreulichen Entwicklungen bei zahlreichen Immobilienprojekten von Silver Living lesen Sie in Ausgabe 4/2024 von FONDS professionell ab Seite 152 sowie nach Anmeldung hier im E-Magazin.
