Rüstungswerte in Artikel-8-Fonds: Allianz GI konkretisiert Zeitplan
Vor einigen Wochen hatte Allianz Global Investors angekündigt, den Ausschluss "militärischer Ausrüstung und Dienstleistungen" für eine Reihe von Publikumsfonds aufzuheben. Nun verriet Matt Christensen, der Leiter für nachhaltige Investments, wann das Vorhaben umgesetzt sein dürfte.
Nachdem Allianz Global Investors die Öffnung einiger ESG-Fonds für Rüstungswerte in Aussicht gestellt hat, könnten erste derartige Investments noch vor Jahresende getätigt werden. Das sagte Matt Christensen, Global Head of Sustainable and Impact Investing, im Interview mit "Bloomberg".
Ende März hatte das Unternehmen erklärt, dass bei den meisten sogenannten Artikel-8-Fonds der Ausschluss "militärischer Ausrüstung und Dienstleistungen" gestrichen werde. Auch Aktivitäten rund um Atomwaffen sind künftig erlaubt, sofern sie in Ländern des Atomwaffensperrvertrags stattfinden. Artikel-8-Fonds berücksichtigen ESG-Kriterien, verfolgen aber nicht explizit ein Nachhaltigkeitsziel.
Verkaufsprospekte müssen angepasst werden
"Ich könnte mir vorstellen, dass einige unserer Artikel-8-Fonds später dieses Jahr ihre ersten Investitionen im Verteidigungsbereich tätigen werden", erklärte Christensen. "Im Verlaufe der nächsten sechs Monate wird die Berechtigung für Verteidigungsinvestments stehen. Und dann ist es an den Portfoliomanagern, zu überlegen, was angesichts ihrer spezifischen Strategien angemessen sein könnte."
Vor der Umsetzung von Investments im Verteidigungsbereich müssen erst die Fondsprospekte angepasst werden. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hatte die Branche aufgefordert, bei der Aufnahme von Rüstungswerten in als nachhaltig vermarkteten Fonds transparent zu sein.
ESG-Risikomanagement, ohne "alles auszuschließen"
Die Öffnung der Fonds für Rüstungswerte begründete Christensen unter anderem mit der geopolitischen Lage. "Die europäische Sicht auf Verteidigung und die Notwendigkeit von Verteidigung hat sich verändert. Es ist ein Bereich, der die Ukraine und die Nato berührt", erklärte er. "Wir haben auch unsere eigene Einschätzung angesichts der aktuellen Entwicklungen um uns herum analysiert." So sei Allianz Global Investors zu dem Schluss gekommen, dass die Anlagerichtlinien an das neue Umfeld angepasst werden sollten. Auch die DWS hatte Beschränkungen aufgehoben, die eine Reihe ihrer Fonds daran hinderten, Rüstungswerte zu halten.
Durch die Beseitigung bestimmter Ausschlüsse komme Allianz Global Investors letztlich jenen Kunden entgegen, "die sich einen guten Ansatz für das ESG-Risikomanagement wünschen, aber nicht unbedingt alles ausschließen möchten", so Christensen.
"Grundlegende, langfristige Entscheidung"
Die künftig erlaubten Anlagebereiche entsprechen seinen Worten zufolge 1,7 Prozent des Weltaktienindex MSCI All Country World. Doch kommt der Vorstoß angesichts der Rally vieler Rüstungsaktien in den vergangenen Monaten nicht bereits zu spät? Christensen weist das zurück. "Die Änderungen unserer Ausschlussrichtlinien basieren nicht auf kurzfristigen taktischen Überlegungen. Vielmehr handelt es sich um eine grundlegende und langfristige Entscheidung", erklärte er. Zudem gebe es die Erwartung, dass derzeit erst der Anfang einer längerfristigen Refokussierung zu sehen sei, wenn es um europäische Verteidigungsausgaben gehe. (fp/Bloomberg)