Rückkehr dank "Bad Fonds" – FMA genehmigt erstmals Sidepockets
Zwei österreichische Fondsgesellschaften können den Handel mit Fonds wieder aufnehmen, die Vermögenswerte aus Russland enthalten. Möglich wird das durch sogenannte Sidepockets – eine Art "Bad Fonds", in die illiquide Investments abgesondert werden.
Nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar mussten Fonds mit russischen Vermögenswerten den Handel aussetzen. Grund sind die EU-Sanktionen gegen den Angreifer Russland, die einen Handel mit Wertpapieren an der Moskauer Börse unmöglich machen. Amundi Austria und Erste Asset Management können nun jedoch das Anteilsgeschäft von zwei pausierten Fonds und ihren Tranchen wieder aufnehmen, wie aus Vertriebsunterlagen hervorgeht.
Möglich wird das durch die Einrichtung von Sidepockets. Dabei handelt es sich um abgespaltene Fondsvehikel, in welche die nicht handelbaren russischen Vermögenswerte verfrachtet werden, während die Fonds mit den liquiden Assets weitergeführt werden dürfen. Diese Option räumt das Investmentfondsgesetz ein, es braucht aber einen Antrag bei der Finanzmarktaufsicht (FMA). Es seien die ersten bisher in Österreich genehmigten Sidepockets, heißt es bei der FMA gegenüber der Redaktion.
Erste Stock Europe Emerging und Amundi Eastern Europe Stock Fonds
Beim Erste Stock Europe Emerging werden die russischen Vermögenswerte mit Wirkung zum 8. Oktober 2022 abgesondert. Der liquide Teil des Fonds mit seinen rund 38 Aktienpositionen und Barbeständen ist seit 7. Oktober wieder handelbar, geht aus Vertriebsunterlagen hervor. Gemäß Informationsdokumenten entfielen knapp 59 Prozent des Aktien-Exposures im "alten" Fonds auf Russland.
Bei Amundi Austria wurde der Amundi Eastern Europe Stock Fonds aufgeteilt und darf damit nach der Schließung im Februar ebenfalls erstmals wieder zurück in den Handel. Hier werden 32 russische Vermögenswerte und ein Fondskonto in Rubel per 14. Oktober 2022 einem Sidepocket zugewiesen; das sind knapp 48 Prozent des ursprünglichen Fondsvermögens. Der Handel mit den verbliebenen liquiden Vermögenswerten soll ab dem 17. Oktober 2022 wieder möglich sein.
Eigene ISIN, aber nicht handelbar
Die Sidepockets werden separat ins Kundendepot eingebucht und erhalten eine eigene ISIN. Sie sind aber nicht handelbar. Ein Verkauf ist nach den Informationen auch dann nicht möglich, wenn diese "Bad Fonds" in eine Portfoliostruktur aufgenommen werden. Das Portfolio würde demnach dadurch "invalide" werden, wie aus der Information einer Fondsplattform an Kunden hervorgeht. Ein Übertrag auf eine andere depotführende Stelle ist jedoch möglich.
Zweck der "Bad Fonds" ist ausschließlich die Abwicklung. Wann diese Assets verkauft werden können, und wann dann in weiterer Folge Auszahlungen fließen, scheint komplett offen. "Sobald möglich im besten Interesse" der Fondskunden, heißt es etwa bei der Erste AM. Allerdings dürfte es angesichts der bestehenden Sanktionen momentan keine Verkaufsmöglichkeiten geben. Chancen dürften sich erst ergeben, wenn der Handel mit russischen Assets wieder geduldet wird. In den abgetrennten Portfolios werden bis zum Ende der Abwicklung keine Verwaltungsgebühren verrechnet.
Kapitalanlagegesellschaften sind für Abwicklung verantwortlich
Amundi Austria informiert in Fondsunterlagen, dass voraussichtlich Amundi UK die Rolle des Liquidators übernehmen wird. Die Fondsgesellschaften können selbst über etwaige Bedingungen bestimmen. Wie es aus der FMA heißt, liegt es rein an der Fondsgesellschaft "die Abwicklung in Wahrung der Interessen der Anteilinhaber vorzunehmen".
Die FMA verweist auf § 65 InvFG 2011 wonach sie über Antrag einer Kapitalanlagegesellschaft eine Abspaltung zu bewilligen hat: "Verwaltungsgesellschaften können unvorhersehbar illiquide gewordene Teile des Fondsvermögens eines von ihnen verwalteten OGAW mit Zustimmung des Aufsichtsrats, mit Zustimmung der Depotbank und nach Einholung der Bewilligung der FMA auf einen neu zu bildenden OGAW abspalten", heißt es dort.
Wer einen Fondssparer hat, sollte Broker kontaktieren
Was die Abspaltungsmaßnahme betrifft, müssen die Anleger nichts unternehmen. Es ist keine Zustimmung erforderlich. Allerdings kann es sinnvoll sein, sich mit der Depotbank in Verbindung zu setzen. Insbesondere, wer die nun wieder zum Handel zugelassenen Portfolios in der Form eines Fondssparplans gekauft hat, sollte bezüglich Weiteraufnahme den Broker kontaktieren, empfiehlt Amundi.
Die Fondsgesellschaften gehen laut den Unterlagen davon aus, dass die russischen Assets in absehbarer Zeit weiter nicht handelbar sein werden. Man habe sich zur Aufteilung der Portfolios entschlossen, um den Zugriff auf die nicht betroffenen Werte wieder zu ermöglichen, wie es in den Unterlagen der Gesellschaften heißt.
Ausweglos scheint dagegen momentan die Situation für reine Russlandfonds. So wurde etwa der Erste Stock Russia mit Wirkung vom 7. Oktober geschlossen. Die Fondsbedingungen sehen nicht vor, dass der Fonds unbegrenzt ausgesetzt bleiben kann. Er muss daher in die Abwicklung geschickt werden. Die Assets harren dort angesichts der Sanktionen und der mangelnden Verkaufsmöglichkeiten dem selben ungewissen Schicksal wie die Vermögenswerte in den Sidepockets. (eml)