Gehören Bergbautitel in Nachhaltigkeitsfonds?
Bergbau verursacht erhebliche Umweltschäden. Zugleich gelten einige Rohstoffe als essenziell für die Energiewende. Und es gibt erste Erfolge beim Übergang zu mehr Nachhaltigkeit in der Branche, so Columbia Threadneedle.
Bergbauunternehmen können durchaus in ESG-Fonds passen, sagt Harry Ashman, Responsible-Investment-Analyst bei Columbia Threadneedle Investments. Sein erstes Argument lautet: Wir brauchen den Bergbau, um die Erneuerbaren Energien auszubauen. Die Nachfrage nach Kupfer, Lithium, Kobalt oder Graphit werde erheblich steigen. Ein Photovoltaik-Solarkraftwerk benötigt beispielsweise rund 2,8 Tonnen Kupfer pro Megawattstunde neuer Kapazität. Bei konventionellen Kohlekraftwerken sind es nur 1,15 Tonnen pro Megawattstunde.
Das zweite Argument: Es gibt durchaus verantwortungsvollere Bergbauunternehmen, betont Ashman. Er verweist auf strengere Branchenstandards, nachhaltiges Abfallmanagement und Versprechen, zum Beispiel Abbaustätten zu renaturieren. Natürlich sei der Bergbausektor mit einer Reihe gravierender ökologischer und sozialer Auswirkungen verbunden: Er verbraucht viel Wasser, produziert jede Menge Abfall, ist für acht Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich – von sozialen Themen wie Kinderarbeit ganz zu schweigen. Aber: "Anleger könnten verantwortungsvolle Bergbauunternehmen bei der Entwicklung neuer Projekte unterstützen, um den Übergang voranzutreiben", schreibt Ashman.
Branche unter Beobachtung
Seit Katastrophen wie dem Dammbruch im brasilianischen Brumadinho oder der Zerstörung heiliger Stätten der Aborigines steht die Branche unter Beobachtung. Ashman meint, dass sich eine begrenzte Zahl von Bergbauunternehmen zu "verantwortungsvollen Akteuren" entwickelt. "Diese führenden verantwortungsvollen Bergbauunternehmen mit den höchsten ESG-Standards zu identifizieren und die Nachzügler zu Verbesserungen zu ermutigen, ist eine Möglichkeit zur Erleichterung der Energiewende", sagt Ashman.
Generell gilt: Die Lage in Bezug auf Menschenrechte, Kinderarbeit, Sicherheit, Umweltverschmutzung und Konflikte bleibt problematisch, speziell in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, aus der 60 Prozent des weltweiten Kobalts stammen. "Für Anleger, die sich auf die Minderung von ESG-Risiken konzentrieren und direkt in die dortigen Bergbauunternehmen investieren, sind diese Probleme ebenso besorgniserregend wie die Schwierigkeiten in der Lieferkette des Technologie- und Industriesektors", so Ashman. (fp)