Die Art, wie die Schweizer Großbank Credit Suisse (CS) gerettet wurde, hat Investoren vor den Kopf gestoßen. Die für die Notübernahme gewährte staatliche Liquiditätshilfe bewirkt, dass die sogenannten AT1-Anleihen der Credit Suisse komplett ausfallen. Es handelt sich um nachrangige Papiere im Umfang von rund 16 Milliarden Franken, die mit einem Federstrich voll abgeschrieben werden, um so das Kernkapital der CS zu stützen. Eigentlich gehen Anleihenanleger davon aus, dass sie in der "Rettungskaskade" erst nach den Aktienbesitzern einspringen müssen.

Der Zahlungsausfall sollte gerade österreichische Anleger aufrütteln. Sie sitzen in hohem Ausmaß auf genau solchen "Bail-in-fähigen" Wertpapieren heimischer Kreditinstitute. In ihrem Strategiebericht für das Jahr 2020 schreibt die Finanzmarktaufsicht (FMA), dass österreichische Banken jährlich über zwei Milliarden Euro derartiger Wertpapiere ausgeben, "davon in etwa 80 Prozent unbesichert, bei Privaten". Im europäischen Vergleich würden die hiesigen "Haushalte ein überdurchschnittlich hohes Volumen an 'Bail-in-fähigen' Wertpapieren halten".

Privatanleger zahlen bei Bankpleiten
Nach einer Recherche der Redaktion aus dem Jahr 2019 lag das österreichische Gesamtmarktvolumen dieser spezifischen Papiere, die im Fall einer Schieflage in Eigenkapital umgewandelt und zur Sanierung herangezogen werden können, bei 88 Milliarden Euro. Davon wurde der Großteil ins Ausland verkauft. Im Inland waren die mit Abstand größte Käufergruppe die privaten Haushalte mit gut 20 Milliarden Euro im Portfolio, während die Banken nur rund 15 und die Versicherungen überhaupt nur gut sieben Milliarden Euro Anteil am Gesamtvolumen hatten. Fazit: Anders als oft angenommen, sind es in Österreich nicht nur die institutionellen Investoren, die diese Anleihen kaufen, sondern in sehr hohem Maß die Privatanleger. Sie werden auch bei einer Rettung entsprechend zur Kasse gebeten.

Neuere Zahlen zum "Bail-in-Volumen" lieferte die FMA bisher auf redaktionelle Anfrage nicht. Auch war nicht zu erfahren, ob die Behörde angesichts der Bankmarktturbulenzen Maßnahmen beim Vertrieb von "Bail-in-Produkten" an Private in Österreich ergreift. Denn die Credit Suisse ist bei weitem nicht der einzige Problemfall. In den USA sind jüngst mit Silicon Valley Bank, Silvergate und Signature gleich drei Institute in Schieflage geraten. Damit rückt die Angst vor Dominoeffekten in den Mittelpunkt. Sollte es zu einer Ansteckung europäischer und österreichischer Banken kommen, müssten viele Private um den Wert ihrer Anleihen zittern.

"Bail-in" statt "Bail-out"
Der "Bail-in" wurde nach der Finanzkrise eingeführt: Statt des früher vorherrschenden Paradigmas einer staatlichen Rettung durch Steuergeld ("Bail-out") gilt heute, dass die Eigentümer und Gläubiger aufkommen müssen. Die Kreditinstitute müssen einen vorgeschriebenen Anteil an "Bail-in-fähigen" Papieren in ihren Bilanzen stehen haben. Diese werden im Ernstfall in Eigenkapital umgewandelt, um Verluste abzudecken beziehungsweise um die Eigenmittel zu stärken.

Verkauft werden solche Wertpapiere in Österreich am Bankschalter oder im Private Banking. In aller Regel bekommen die Kunden dabei Anleihen des eigenen Institutes. Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) beeilten sich sofort nach der Einziehung des AT1-Kapitals bei der Credit Suisse mit Beruhigungen: In der EU gelte in jedem Fall die Regel Aktionäre vor Nachrangkapital.

Credit Suisse in Österreich
Problemanleihen der nun geretteten Credit Suisse sind in österreichischen Fonds und bei privaten Haushalten laut Österreichischer Nationalbank (OeNB) nur im Volumen von zwei Millionen Euro vertreten; Banken sind gemäß Angaben der Finanzmarktaufsicht (FMA) gegenüber der Redaktion ebenfalls nicht betroffen.

Die Credit Suisse war als Privatbank bis 2021 in Österreich tätig. Nach dem Abzug wechselte ein Großteil der Kunden zur LLB Österreich. Dort hält man sich bedeckt zur Frage, wie hoch die wechselnden Kunden in Credit-Suisse-Anleihen investiert waren oder sind. Generell seien Credit-Suisse-Produkte in Anlageportfolios von untergeordneter Bedeutung, heißt es. (eml)