"Bundesschatz neu" zieht mehr Anleger an als erwartet
Der im Vorjahr reaktivierte Bundesschatz hat bei Anlegern eingeschlagen: 110.000 eröffnete Konten übertreffen bei Weitem die damaligen Annahmen. Aus der Fondsbranche gab es aber auch Kritik an der Werbung.
Am 22. April 2024 reaktivierte die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) das kurz davor begrabene Bundesschatz-Produkt. Bundesschätze sind österreichische Staatsanleihen, die Anleger der Republik direkt, ohne vermittelnde Bank oder eigenes Depot, abkaufen können. Kaufspesen fallen nicht an.
Im ersten Jahr seien mehr als 110.000 Konten eröffnet worden. Das übertrifft bei Weitem die Annahmen von Finanzministerium und OeBFA, die auf Basis früherer Nutzerzahlen nur mit einer Kundenanzahl im fünfstelligen Bereich gerechnet hatten. Rund vier Milliarden Euro haben die Österreicher momentan in Bundesschätze investiert, teilt die OeBFA in einer Aussendung mit. Grob aufgeteilt wären das 36.300 Euro pro Anleger. Mehr als eine Milliarde Euro des investierten Volumens entfällt auf "grüne" Bundesschätze.
Fondsindustrie wenig begeistert
Rund um die Einführung hatte es aus der Fondsbranche hinter vorgehaltener Hand reichlich Kritik wegen der Vermarktung gegeben. Das Finanzministerium warb mit Botschaften wie "absolut sicher" oder "sicher über die Einlagensicherung hinaus". Der wenig wahrscheinliche – aber mögliche – Fall einer Staatspleite ist vielen Anlegern wohl nach der Lektüre der Unterlagen nicht bewusst. Eine Fondsgesellschaft würde bei ähnlicher Bewerbung eines Staatsanleihenproduktes schnell in Konflikt mit der Aufsicht kommen.
Nicht gut angekommen ist bei den Asset Managern das Gesamtbild: Die Regierung (damals schwarz/türkis-grün) präsentierte die Bundesschätze als wettbewerbsfördernde Alternative zu Bankprodukten (wobei vielen Anlegern nicht bewusst war, dass Bundesschatz-Erträge mit 27,5 Prozent besteuert werden, Sparzinsen nur mit 25 Prozent). Getroffen hat der Wettbewerb aber am Ende auch die Fondsanbieter. Diese hatten damals allgemein gegen das Phänomen anzukämpfen, dass Anleger wegen der gestiegenen Zinsen in konservative Produkte gingen, die aber – anders als etwa ein aktienlastiges Fondsprodukt – wenig Chance auf Inflationsabdeckung bieten. Bitter war für die Asset Manager zudem, dass das Finanzministerium als Konkurrent auftrat, aber gleichzeitig das versprochene Vorsorgedepot nicht einführte: Dieses hätte Kleinanlegern ein diversifiziertes, steuerbefreites Investment in Aktien, Anleihen oder Fonds ermöglichen sollen.
2020 eingestellt
2020 war der Vertrieb von Bundesschätzen eingestellt worden. Damals befand sich die Welt in einer Null- oder Negativzinsphase; Großanleger zahlten dafür, ihr Geld in Anleihen sicherer Staaten investieren zu dürfen. Ein Vertrieb von Bundesschätzen hatte aus dieser Perspektive keinen Sinn mehr gemacht. Für den Fall, dass der Vertrieb erneut beendet werden müsste, hält sich die OeBFA diesmal eine Rückkaufoption offen.
Nach seiner Wiedereinführung im April 2024 wurde der "Bundesschatz neu" weiterentwickelt. Seit rund einem halben Jahr gibt es eigene Mündelgeldkonten. Und seit Kurzem können Rechtsanwälte und Notare Bundesschatz-Konten als Insolvenz-, Verlassenschafts- oder Pflegschaftstreuhandkonten eröffnen.
Mittlerweile ist die Verzinsung entsprechend dem Marktniveau zumindest für kürzere Produkte deutlich gesunken. Sie liegt zwischen 1,6 Prozent für zwölfmonatige Bundesschätze (vor einem Jahr drei Prozent) und 2,75 Prozent p.a. für zehn Jahre (2024: 2,5 Prozent p.a.). (eml)