Bert Flossbach: "Minus von 20 Prozent bei US-Aktien möglich"
In einem Gespräch mit dem "Spiegel" erklärt Starmanager Bert Flossbach, warum er skeptisch auf US-Aktien und US-Wirtschaft blickt, was ihn an Deutschland nervt und wieso aktive Fondsmanager bald den MSCI World schlagen dürften.
Bert Flossbach managt mit dem rund 25 Milliarden Euro schweren FvS Multiple Opportunities einen der größten Publikumsfonds am deutschen Markt. Der Mischfonds kann in Aktien und Anleihen anlegen, sodass Flossbach und sein Team beide Märkte im Hinblick auf die renditeträchtigsten Titel analysieren müssen. In einem Interview mit dem "Spiegel" verrät Flossbach nun, dass er skeptisch bei US-amerikanischen Aktien ist, warum ETFs auf den MSCI World ihre beste Zeit wohl hinter sich haben und was ihn an Deutschland stört.
Auch wenn die Aktienquote des FvS Multiple Opportunities derzeit bei über 70 Prozent liegt, US-Werte gehören nicht zu den Favoriten von Flossbach. Er sieht trotz massiver Verluste bei US-Aktien keine Einstiegschancen. "Die erratische Zollpolitik von Donald Trump hat für enorme Unsicherheit gesorgt. Gerade hat die US-Notenbank Fed erklärt, dass sie in diesem Jahr nur noch mit 1,7 Prozent Wachstum rechnet", begründet er seine Sicht gegenüber dem "Spiegel". Volkswirtschaft sei Psychologie: Wenn man sich unsicher fühlt, stelle man Anschaffungen zurück. "Wer würde denn im aktuellen Umfeld eine große Investition in den USA tätigen, wenn er nicht weiß, welche Zölle künftig drohen? Gut möglich, dass Trumps Politik den US-Unternehmen mehr als den europäischen schadet", so Flossbach weiter.
Baisse in den USA
Der Starmanager geht sogar von einer richtigen Baisse in den USA aus. "Donald Trump lässt die Kurse weiter fallen, als viele Menschen es für möglich gehalten haben. Der berühmte 'Trump-Put', also der Punkt, an dem der Präsident seine Politik ändert, um den Aktienmarkt zu retten, liegt tiefer als gedacht", sagt er dem Magazin und fährt fort: "Ich halte ein Minus von 20 Prozent bei US-Aktien für möglich." Daher gelte auch die alte Börsenregel "Buy the dip", also "Kaufe bei Kursrücksetzern", in diesem Fall nicht mehr.
Wegen der Situation am US-Aktienmarkt ist Bert Flossbach auch weiterhin skeptisch in Bezug auf Investments via ETFs in Börsenindizes wie den MSCI World. "Wenn Sie mich fragen, ist das kein 'Weltindex', sondern ein von wenigen Titeln dominierter US-Technologieindex – mit ein wenig Welt hinten dran. Das könnte sich nun rächen. Womöglich treten wir in eine Phase ein, in der der MSCI World nicht gut performt." Er verweist darauf, dass der MSCI World bereits in den Jahren zwischen 2003 und 2007 von anderen Börsenbarometern wie dem deutschen Dax abgehängt wurde. "Ich bezweifle, dass der MSCI der richtige Index für das nächste Börsenjahrzehnt ist. Vielen Fondsmanagern dürfte es gelingen, den MSCI World zu schlagen", so sein Urteil.
"Gordischen Knoten der Bürokratisierung zerschlagen"
Flossbach schaut aber nicht nur mit Sorgenfalten auf die USA, sondern auch auf Deutschland. Wie viele Finanz- und Wirtschaftsexperten fordert er Reformen bei der Bürokratie: "Die unfassbar langsamen Entscheidungsprozesse sind das Problem. Manche Autobahnbaustelle besteht so lange, dass man sie fast unter Denkmalschutz stellen müsste. Ob das Schuldenpaket wirklich hilft, hängt davon ab, ob wir den gordischen Knoten der Bürokratisierung zerschlagen können." Seiner Ansicht nach reiche es nicht, hier oder da ein paar Vorschriften zu lockern. "Deutschland muss endlich effizienter werden." Nur dann könne auch das kürzlich beschlossene, große Schuldenpaket zu einem echten Erfolg werden. (jb)