"Beim Thema Nachhaltigkeit geht es um unsere Zivilisation"
Tatjana Greil-Castro verantwortet zahlreiche Rentenfonds bei Muzinich – und ist Landwirtin im Nebenberuf. Wo sich attraktive Anleihen finden lassen und warum ihr Nachhaltigkeit wichtig ist, erklärt sie im Interview mit FONDS professionell.
Tatjana Greil-Castro, Rentenfondsmanagerin und Co-Head of Public Markets beim New Yorker Asset Manager Muzinich am Standort London, blickt durchaus optimistisch auf Europa. "Ich sehe viele Chancen. Wer bereit ist, ein wenig ins Risiko zu gehen, bekommt das in Europa nach wie vor gut bezahlt", sagt die gebürtige Österreicherin im Interview mit FONDS professionell. Als Beispiel führt sie den Bankensektor an. Seit der globalen Finanzkrise ist die Regulierung mit den Basel-Abkommen bekanntlich viel strenger geworden. "Banken sind heute dazu verpflichtet, mehr Eigenkapital und solches mit höherer Qualität vorzuhalten. Das hilft uns als Anleihengläubiger ungemein", so Greil-Castro.
In den vergangenen zwölf Monaten haben die Portfoliomanagerin und ihr Team zudem viel im europäischen Automobilsektor investiert, obwohl dieser zuletzt meist eher für negative Schlagzeilen gesorgt hat. "Viele Unternehmen verfügen aber über starke Bilanzen", sagt sie. "Wir haben weltweit fast 30 Analysten, die die Firmen seit Jahren verfolgen. Daher können wir mit Zuversicht in diesen Sektor investieren."
Schwierige Frage
Nicht so positiv gestimmt ist Greil-Castro mit Blick auf die riesigen Schuldenberge, die viele Länder in der Europäischen Union aufgebaut haben. Die Frage, wie sich diese abbauen ließen, sei schwer zu beantworten. "Vielleicht sollte man eher überlegen, wie man dafür sorgt, dass die Schuldenberge nicht noch größer werden", so Greil-Castro. Einen wesentlichen Anteil an der Verschuldung hätten in vielen Ländern die Rentensysteme und das explodierende staatliche Gesundheitswesen. "Eigentlich müsste man das Rentenalter heraufsetzen und die ineffizienten Gesundheitssysteme reformieren. Aber ich sehe politisch kaum Chancen dafür, soziale Netze abzubauen", sagt die Anleihenexpertin.
Daher sollte man das Übel an der Wurzel packen und bereits junge Leute in der Schule über wirklich gesunde Ernährung aufklären, findet sie. So ließe sich vielen Krankheiten vorbeugen, Gesundheitskosten könnten langfristig gesenkt werden. "Eine geringere Verschuldung der Länder würde auch zu stabileren Ratings von Staatsanleihen führen", erklärt Greil-Castro.
Investitionen in die Natur auf die Bilanz nehmen
Greil-Castro ist eine leidenschaftliche Verfechterin von Nachhaltigkeit. "Dabei geht es nicht nur darum, die Erde zu erhalten, es geht um unsere Zivilisation", sagt sie. Natürlich spiele Nachhaltigkeit auch für eine Anleiheninvestorin eine wichtige Rolle. "Man muss genau beobachten, was Unternehmen tun, um ihre Geschäftsmodelle trotz veränderter Klimabedingungen stabil zu halten", erläutert sie. Zudem macht sie sich dafür stark, dass Investitionen in Natur also solche in die Bilanz aufgenommen werden können, statt als Kosten durch die Ertragsrechnung zu laufen. "Solange Investments in die Natur nicht als Investitionen gelten und finanziert werden können, sind sie Ausgaben, die zulasten der Erträge gehen", sagt die Portfoliomanagerin.
Neben ihrem Job in der Finanzbranche unterhält Greil-Castro einen landwirtschaftlichen Betrieb, den sie langfristig zu einer gemischten Landwirtschaft mit Viehhaltung zurückführen will. So möchte sie vom Einsatz von Pestiziden, Insektiziden und Herbiziden wegkommen und den Boden mit der Zeit rekultivieren. "Wir wollen auch hochwertiges Fleisch in der Region verkaufen. Mein Ziel ist es, für eine gute Marge echte Qualität zu produzieren und gleichzeitig die Kohlenstoffemissionen in der Landwirtschaft zu reduzieren", erklärt sie.
Eine gute Kombi
Eine hoch spezialisierte Tätigkeit in der Finanzbranche einerseits und ein landwirtschaftlicher Betrieb andererseits sei zwar eine ungewöhnliche Kombination. "Es ist aber eine gute Kombination", sagt Greil-Castro. "Ich möchte die beiden Sektoren einander näherbringen, damit sie sich gegenseitig besser verstehen", so die Portfoliomanagerin. "Ich finde, Finance und Farming passen durchaus zusammen." (am)
Das vollständige Interview mit Tatjana Greil-Castro finden Sie in der aktuellen Heftausgabe 3/2025 von FONDS professionell ab Seite 130. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.















