Alle sprechen darüber, aber zu spüren ist er noch nicht: der Bürokratieabbau. Zu Jahresbeginn kündigte die EU-Kommission einen groß angelegten Abbau von Bürokratie an. Damals hieß es, Meldepflichten für kleine und mittlere Unternehmen sollten um 35 Prozent reduziert werden. Rund 37 Milliarden Euro soll die Wirtschaft dadurch einsparen können. Fünf Monate später hat sich aus Sicht der Finanzbranche allerdings wenig bewegt.

Zwar ist unter Branchenvertretern von einer spürbaren Pause bei der Regulierung des gewerblichen Finanzvertriebs die Rede, von einem Rückbau überzogener Vorgaben der Vergangenheit ist man jedoch noch weit entfernt. Dabei wäre es wünschenswert, wenn der Bürokratieabbau nicht nur auf EU-Ebene angegangen wird – auch auf nationaler Ebene sollte das Thema ganz oben auf der Agenda stehen. Immerhin findet sich das Wort "Bürokratieabbau" im aktuellen Regierungsprogramm insgesamt acht Mal. Im Zusammenhang mit dem Finanzmarkt taucht es dort jedoch leider nicht auf.

Dabei wurde gerade diese Branche in den vergangenen Jahren stärker als viele andere vom Regulierungswahn getroffen. Unter dem Deckmantel des ­Konsumentenschutzes wurden Regelwerke geschaffen, die den Konsumenten am Ende wenig Nutzen gebracht, die Kosten für ­Unternehmen jedoch massiv erhöht haben. Gut gemeint ist eben oft das Gegenteil von gut gemacht. Mifid II und IDD ­haben zu einer regelrechten Papierflut geführt – bei der Vermittlung einer Fondspolizze müssen Berater heute zum Beispiel mit den Kunden bis zu 70 Seiten durchgehen, früher reichten einige wenige Seiten aus.

Viele Marktteilnehmer haben sich angesichts des enormen betriebswirtschaftlichen Aufwands aus der Branche zurückgezogen. Ein erster wichtiger Schritt in Richtung Bürokratieabbau wäre daher, wenn Behörden in Österreich die Umsetzung von EU-Regeln auf sogenanntes "Gold Plating" – also das Überschreiten europäischer Vorgaben durch nationale Regulierer – hin überprüfen und entsprechende Anpassungen vornehmen würden.