Zinsen hoch, Inflation runter? So einfach ist es nicht
In den vergangenen 40 Jahren ist die Teuerung nach Zinserhöhungen von Notenbanken zunächst nicht gesunken, sondern sogar noch gestiegen – solange, bis die Leitzinsen schon wieder runtergingen. Das zeigt eine Untersuchung von HQ Trust.
Theoretisch ist die Sache klar: Bei Inflation heben Notenbanken die Zinsen an, bis die Preise wieder sinken. Ein Blick in die Geschichte der US-Währungspolitik zeigt: Die Zinspolitik wirkt, aber mit erheblicher Verzögerung. So ging die Inflation erst mehrere Monate nach Ende eines Zinserhöhungszyklus zurück, also zu einem Zeitpunkt, als Notenbanker schon wieder angefangen hatten, die Leitzinsen zu senken.
Sebastian Dörr, Kapitalmarktanalyst beim Multi-Family-Office HQ Trust, hat US-Zinserhöhungszyklen während der vergangenen 40 Jahre analysiert und überprüft, wo die Teuerungsrate jeweils bei der ersten Zinserhöhung und bei der folgenden ersten Zinssenkung stand. Sein Ergebnis: "In fünf von sechs Fällen war die Inflation bei der ersten Zinssenkung nochmals höher als bei der ersten Zinserhöhung", berichtet Dörr.
Besonders groß war die Differenz im Zinserhöhungszyklus, der im Jahr 1986 begann. Damals hatten die Verbraucherpreise bei der ersten Zinsanhebung bei 1,2 Prozent gelegen. Als die Fed die Zinsen im Juni 1989 das erste Mal wieder senkte, stand die Teuerung bei 5,2 Prozent. Aktuell geht die US-Notenbank besonders aggressiv gegen die Teuerung vor, sagt Dörr. Nach mehreren Zinsschritten ist die US-Inflation inzwischen leicht gesunken. Von Zinssenkungen ist noch keine Rede. (fp)