Bank-Austria-Chef: "Filiale bleibt vorerst wichtigster Beratungskanal"
Österreichs Banken schreiben zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise so hohe Gewinne wie vor der Finanzkrise. Aus dieser guten Position heraus gibt es – trotz aller Digitalisierungsanstrengungen – wieder ein deutliches Bekenntnis zur Filiale.
Für die heimischen Bankberater, die seit Jahren hören, dass sie durch die Roboterisierung wegrationalisiert werden, hat sich in den vergangenen Monaten der Himmel wieder etwas gelichtet. Den Banken geht es gut, und mit etwas mehr Luft zum Atmen wird die Rückbesinnung auf die Filialberatung immer selbstbewusster in den Vordergrund gestellt – auch bei einem Pressegespräch des heimischen Verbands der Banken und Bankiers.
"Nüchtern betrachtet haben natürlich die digitalen Kanäle rasante Zuwachsraten. 60 Prozent der Bankkunden nutzen bereits überwiegend digitale Kanäle für Bankgeschäfte. Aber mehr als ein Drittel geht dafür noch ausschließlich in die Bank. Und bisher nutzen nur zehn Prozent ausschließlich digitale Kanäle. Die Filiale bleibt mittelfristig der wichtigste Kanal", sagt Robert Zadrazil, Präsident des Bankenverbandes und Vorstandsvorsitzender der Unicredit Bank Austria. "Der Grund, warum der Kunde in die Filiale geht, ist Beratung", so Zadrazil bei einem Pressegespräch.
Kontaktlos Bezahlen als Erfolgsmodell
Es gehe darum, zur richtigen Zeit dort zu digitalisieren, wo es ein Kundenbedürfnis gibt und einen Mehrwert für die Nutzer: etwa beim bequemen bargeldlosen Bezahlen. Über 80 Prozent aller Bankomatkartentransaktionen werden mittlerweile am Point of Sale durchgeführt. Davon sind 43 Prozent bereits kontaktlos (ein Plus von 116 Prozent seit 2016).
Der Verband der österreichischen Banken und Bankiers rechnet in den kommenden Jahren mit Milliardeninvestitionen in die Digitalisierung. Im 2017 gegründeten Verein "Fintech Austria", der die Interessen des Fintech-Sektors in Österreich stärken will, ist der Verband genau so Mitglied wie bekannte Fintechs von Baningo, Cashpresso, N26 bis hin zu Wikifolio.
Diese sieht Zadrazil weniger als Konkurrenz, denn als mögliche Kooperationspartner.
Die österreichischen Institute müssten auch preislich den Wettbewerb nicht scheuen, so Zadrazil: Gemäß Zahlungsverkehrsstudie 2017 würden die Austro-Banken bei den durchschnittlich verrechneten Kontopreisen nach den Niederlanden auf Platz zwei der Bestpreisländer liegen.
"Enormes Interesse" an Umsetzung von Open Banking
Jedenfalls dürfte die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2, aufgrund derer sich die Banken den Fintechs öffnen müssen, in den kommenden Monaten noch zu einigen Kooperationen oder eigenständigen Initiativen der Banken führen. "Es besteht enormes Interesse bei den Mitgliedern des Verbands dahingehend, wie man Open Banking umsetzen kann. Es werden viele Gespräche geführt", so Gerald Resch, Generalsekretär des Bankenverbandes.
Beide sprachen sich dafür aus, dass der Fintechstandort Österreich gestärkt werden müsse. "Österreich war nicht immer am schnellsten, wenn es um die Schaffung der regulatorischen und gesetzlichen Grundlagen geht, zum Beispiel bei der Video-Identifizierung", kritisiert Zadrazil.
Patrick Pöschl, Ex-Investmentbanker, Mitgründer des Anlageroboters Scalable und nun Obmann von Fintech Austria meinte, die Kleinheit des Marktes sei kein Grund für Fintechs, sich nicht in Österreich anzusiedeln. Die gut 100 Fintechs in Österreich seien gut aufgestellt. Entscheidend sei, dass Lösungen gebaut werden, die mit einem "europäischen Mindset" hinterlegt und damit auf andere Märkte übertragbar sind.
Alte IT als Herausforderung
Eine Herausforderung für die Digitalisierung der Finanzbranche seien die bestehenden Systeme der Banken: Die Geldhäuser könnten oft schlicht aufgrund ihres alten "IT-Erbes" nicht in voller Geschwindigkeit auf den Digitalisierungszug aufspringen. Und der Gedanke, die eigene Bankleistung als Plattform auf dem Markt anzubieten (Stichwort Open Banking) sei auch noch nicht in allen Häusern fixer Bestandteil der Strategie.
Das ist aber kein österreichisches Spezifikum, wie Zadrazil anmerkt: "Bei Open Banking wird viel über Ideen geredet. Aber wenn man sich ansieht, was tatsächlich umgesetzt wird, sehe ich im internationalen Vergleich keinen Rückstand".
Aufschwung und gute Zahlen
Grundsätzlich befinden sich die heimischen Banken in einer guten Lage, um neue Aufgaben umzusetzen: Der Aufschwung ist 2017 mit drei Prozent BIP-Wachstum deutlich angekommen – nach fünf schleppenden Jahren von 2012 bis 2016. 2018 sei die Prognose mit 2,8 Prozent erneut gut, und Zadrazil sieht hier "eher Potenzial nach oben".
Laut einer Meldung der OeNB haben die heimischen Institute heuer mit 6,6 Milliarden Euro das Gewinnniveau aus Vorkrisenzeiten erreicht. Die Gewinne beruhen aber laut OeNB-Angaben sehr stark auf historisch niedrigen Risikokosten. Das heißt, die Kosten müssen weiter sinken, damit die Profitabilität nachhaltig gesichert ist. (eml)