Die Marktstimmung gegenüber Rohstoffen ist im Moment tendenziell zu pessimistisch. Das meint jedenfalls Nitesh Shah, Leiter Rohstoff- und Makro-Research in Europa beim ETP-Anbieter Wisdom Tree. Er verweist auf drei Gründe für diese Einschätzung. Der erste Grund: Nur weil die Konjunkturaussichten eingetrübt sind, müssen nicht unbedingt auch die Rohstoffpreise fallen. "Die Geschichte zeigt, dass die Rohstoffpreise noch lange nach einer Konjunkturwende steigen können, wenn die zugrunde liegenden Wirtschaftsdaten günstig sind", sagt Shah.  

Zweitens gilt: Wenn die Nachfrage nach Rohstoffen sinkt, dann nicht dauerhaft. Der Ausbau der Energieinfrastruktur im Zuge der europäischen Energiewende werde die Nachfrage nach Rohstoffen sogar steigern. Drittens: Gleichzeitig schrumpft das Angebot, und zwar schnell. "Über das gesamte Rohstoffspektrum hinweg betrachtet, sind die Lagerbestände bei allen Rohstoffen niedriger als normal", sagt Shah. Die hohen Energiepreise hätten viele Metallhütten beispielsweise dazu veranlasst, ihre Produktion einzustellen. Im Agrarsektor leiden die Ernteerträge unter den hohen Preisen für Düngemittel.  

Rohstoffmärkte folgen einem "Superzyklus" 
Der Experte folgert: "Der Energiepreisschock hat einen Teufelskreis der Angebotsverknappung bei Metallen, Düngemitteln und anderen energieintensiven Rohstoffen in Gang gesetzt." Zugleich sinkt die Nachfrage in Wirklichkeit gar nicht, obwohl die Märkte genau das einpreisen. Die Märkte befinden sich vielmehr in einem "Superzyklus", bestimmt durch Energiewende und Infrastrukturinvestitionen, sagt Shah – auch wenn "kurzfristige Konjunkturphänomene" gerade die Schlagzeilen bestimmen. Perspektivisch "könnten die Rohstoffmärkte außerordentlich angespannt sein". (fp)