Wegen Inflationsbekämpfung: EZB mit Rekordverlust
Die Europäische Zentralbank musste 2024 einen historischen Verlust hinnehmen. Der Grund: In Phasen niedriger Inflation baute sie durch massive Anleihekäufe ihre Bilanz aus – um anschließend mit einer aggressiven Zinswende gegen steigende Preise anzukämpfen.
Nach einer langen Phase meist positiver Bilanzen verzeichnete die EZB im vergangenen Jahr einen Verlust von 7,94 Milliarden Euro, wie sie am Donnerstag (20.2.) mitteilte. Der Fehlbetrag resultiert aus dem Kauf von Anleihen, die überwiegend festverzinslich sind und lange Laufzeiten haben. Mit der sogenannten quantitativen Lockerung ging ein Anstieg der Verbindlichkeiten einher, auf die die EZB variable Zinsen zahlt.
Zinswende erhöht Kosten für die EZB
"Folglich führten die Anhebungen der EZB-Leitzinsen in den Jahren 2022 und 2023, mit denen die hohe Inflation im Euroraum bekämpft werden sollte, zu einem unmittelbaren Anstieg der Zinsaufwendungen für diese Verbindlichkeiten", erklärte die EZB. Gleichzeitig seien die Zinserträge aus den eigenen Vermögenswerten, darunter die Anleihebestände aus dem APP- und PEPP-Programm, nicht im gleichen Maße gestiegen.
Bereits 2023 wäre ein ähnlich hoher Verlust angefallen, wenn nicht Rücklagen aus der Risikovorsorge Teile des Defizits abgefedert hätten. Auch in den kommenden Jahren könnte die EZB noch Verluste schreiben, wobei diese voraussichtlich geringer ausfallen als 2023 und 2024. Ab Mitte des Jahrzehnts erwartet die Notenbank wieder Gewinne.
Trotz Verlusten: EZB betont Handlungsfähigkeit
Trotz der finanziellen Belastung sieht sich die EZB in ihrer geldpolitischen Funktion nicht eingeschränkt. "In jedem Fall kann die EZB ungeachtet jeglicher Verluste wirksam handeln und ihr vorrangiges Mandat – die Gewährleistung von Preisstabilität – erfüllen”, betonte die Zentralbank.
Ihre Finanzkraft werde durch ihr Kapital und umfangreiche Ausgleichsposten aus Neubewertungen unterstrichen. Diese beliefen sich den Angaben zufolge Ende 2024 zusammen auf 59 Milliarden Euro. Allein der Anstieg des Goldpreises brachte mehr als zehn Milliarden Euro.
Anleihekäufe unter kritischer Prüfung
Die Rolle der quantitativen Lockerung wird derzeit im Rahmen einer Überprüfung der geldpolitischen Strategie diskutiert. Während viele Ratsmitglieder sie als wirksames Instrument in Krisenzeiten ansehen, gibt es Bedenken über mögliche Marktverzerrungen und die damit verbundenen Verluste.
EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel warnte bereits im November davor, dass hohe Verluste die Glaubwürdigkeit der Zentralbank beschädigen könnten – auch wenn eine Notenbank kein gewinnorientiertes Unternehmen sei. (mb/Bloomberg)