Warum KI im Portfoliomanagement zu langsam ist
Künstliche Intelligenz ist zu einem großen Thema geworden – auch in der Investmentwelt. Doch kann KI tatsächlich gute Anlageentscheidungen treffen? Lupus-Alpha-Experte Marvin Labod hegt da Zweifel, sieht aber durchaus viele Einsatzmöglichkeiten für ChatGPT & Co.
Immer wieder tauchen Schlagworte auf, mit denen Fondsanbieter die Aufmerksamkeit der Investoren erheischen wollen. Der Favorit seit einigen Jahren: künstliche Intelligenz. KI entwickelte sich zum Oberbegriff für Dienste wie ChatGPT oder Google Gemini und zu einem Symbol für Innovation und Effizienzsteigerung. Doch welche Rolle kann künstliche Intelligenz im Asset Management spielen? Und stellt dies eine echte Neuerung gegenüber bereits etablierten quantitativen Strategien dar?
"Künstliche Intelligenz ist nicht per se eine neue Technologie", hält Marvin Labod, Portfoliomanager bei Lupus Alpha, zunächst einmal fest. "Mathematische Modelle dafür gibt es schon sehr lange." Das wirklich neue Element sei die Entwicklung der generativen KI. Diese fußt auf Sprachmodellen, sogenannten Large Language Models, und hat eine neue Form der Zugänglichkeit zu KI geschaffen.
Keine Spezialisten-Domäne mehr
"Lange Zeit brauchte es Spezialisten, um KI-Modelle zu entwickeln, zu trainieren und anzuwenden", erläutert der Lupus-Alpha-Manager. "Die Sprachmodelle haben den Zugang zur KI jedoch deutlich vereinfacht und erreichen heute eine breite Anwenderschaft." Selbst zu komplexen Modellen gebe es nun einen einfachen Zugang, führt der Portfoliomanager aus. Letzten Endes handele es sich bei KI jedoch um mathematische Modelle, betont Labod. "Sie denken nicht selbstständig – auch wenn es so wirkt, als hätten sie ein Bewusstsein."
Bei unmittelbaren Investmententscheidungen kommt KI noch relativ selten zum Einsatz. "Denn von außen ist nicht nachvollziehbar, warum eine KI bestimmte Entscheidungen trifft", erläutert der Lupus-Alpha-Experte. Die hochkomplexen KI-Modelle seien schwer zu überwachen – und obendrein langsam. Die einfachen Modelle hingegen rechnen schnell, seien transparent und einfach zu modifizieren.
Hang zu Halluzinationen
"Bei Investmententscheidungen stehe ich dem Einsatz von KI kritisch gegenüber, allein schon durch die fehlende Transparenz und Nachvollziehbarkeit", folgert Labod. "Die Modelle haben Probleme mit der Extrapolation und können hier zu Halluzinationen neigen." Zum Teil sei das im Griff, zum Teil aber auch nicht.
Wie andere Fondsmanager den Einsatz von KI-Modellen im Investmentmanagement beurteilen, lesen Sie in Ausgabe 2/2025 von FONDS professionell ab Seite 102. Angemeldete Nutzer finden den Artikel auch hier im E-Magazin.
Doch auch bei klassischen, quantitativen Investmentstrategien warnt Labod vor zu hohen Erwartungen. "Meiner Meinung nach ist kein Quant-Fonds strenggenommen rein quantitativ aufgebaut", so der Experte. "Die Strategien der Fonds werden immer von denjenigen geprägt, die sie programmiert und modifiziert haben." Kein Quant-Fonds agiere also nach rein objektiven Kriterien. "Vielmehr fließen stets auch die subjektiven Erfahrungen und Entscheidungen der Schöpfer in den jeweiligen Algorithmus mit ein."
Datenquellen zusammenführen
Den großen Vorteil von KI jedenfalls sieht Labod an anderer Stelle. "Sie kann verschiedene Datenquellen zusammenzuführen", so der Quant-Kenner. Large Language Models können nicht nur Texte oder Zahlen verarbeiten, sondern gleichzeitig auch Ton oder Bilddaten. "Diese Multimodalität stellt einen der spannendsten Fortschritte dar", meint Labod. "Der Einsatz von KI als Werkzeug, um Daten aufzubereiten, zu verarbeiten oder um erste Ideen zu generieren, birgt sehr großes Potenzial."
Im Research etwa eröffne die KI viele kreative und effizienzsteigernde Möglichkeiten. "Fast jeder Analyst bei uns im Haus nutzt KI für Hilfsaufgaben, um schneller und produktiver arbeiten zu können", erzählt Labod. "Ich kann etwa nicht jeden Tag mehrere Research-Paper lesen", führt der Lupus-Alpha-Mann aus. "Daher lasse ich sie mir von der KI zusammenfassen und als Podcast erstellen, den ich auf dem Weg zur Arbeit oder Terminen höre." Das liefere Anhaltspunkte, in welche Analysen er noch genauer hineinlesen sollte. (ert)