Wer nach einem brutalen Börsenjahr 2022 auf eine Atempause im neuen Jahr hofft, dürfte nach Ansicht von Michael Kantrowitz enttäuscht werden. Der Stratege von Piper Sandler & Co., der im letztjährigen Ranking von "Institutional Investor" den dritten Platz belegte, sieht den S&P 500 um 16 Prozent auf 3.225 Punkte fallen. Darüber berichtet "Bloomberg News".

Niedrigstes Kursziel
Im von "Bloomberg" beobachteten Analystenuniversum hat für das US-Börsenbarometer kein anderer Experte ein so niedriges Kursziel wie Kantrowitz. Sollte sich seine Prognose bewahrheiten, wäre es das erste Mal seit 2002 – und erst das fünfte Mal in fast einem Jahrhundert –, dass der S&P 500 mindestens zwei Jahre in Folge zweistellige Rückgänge verzeichnet. 

Kantrowitz räumt zwar ein, dass die Geschichte nicht auf der Seite der Bären steht. Der Markt sei allerdings mit etwas Ungewöhnlichem konfrontiert – einer Federal Reserve, die wild entschlossen ist, die Inflation zu bekämpfen. Bis ihre Zinserhöhungen auf die Wirtschaft durchschlagen, werde es einige Zeit dauern. Der Druck auf die Unternehmensgewinne werde sich deshalb wohl bis weit ins nächste Jahr hinein erstrecken, so der Stratege.

“Die Aktien werden noch mehr leiden, da die Auswirkungen der Baisse an den Anleihemärkten im Jahr 2022 und die globale Straffung der Geldpolitik beginnen, sich in den Unternehmensgewinnen und den zyklischen Marktrisiken bemerkbar zu machen”, sagt Kantrowitz. “In vielerlei Hinsicht befinden wir uns in einem ungewöhnlichen Umfeld.”

Mainstream geht von Erholung aus
Andere gehen indessen davon aus, dass der Bärenmarkt in der ersten Jahreshälfte seinen Tiefpunkt erreicht – und dann eine Erholung einsetzt. Das durchschnittliche Jahresendziel der von "Bloomberg" im Dezember befragten Strategen lässt einen Anstieg des S&P 500 um sechs Prozent auf 4.078 Punkte erwarten. (aa)