Volatilitätsfonds verkaufen Absicherungsoptionen und erhalten im Gegenzug die Volatilitätsrisikoprämie. Mit dieser alternativen Renditequelle bieten sich die Fonds als Ergänzung zu traditionellen Anlageklassen an. Mark Ritter, Portfoliomanager bei Lupus Alpha, skizziert das Konzept und erläutert, warum die möglichen Prämieneinnahmen gerade besonders hoch sind.

Herr Ritter, Sie managen einen Vola-Fonds. Wie passt eine solche Strategie in ein normales Portfolio aus Aktien und Anleihen?

Mark Ritter: Volatilitätsstrategien nutzen mit der sogenannte Volatilitätsrisikoprämie einen alternativen Renditetreiber. Interessant ist das für alle Anleger, die ihr Gesamtportfolio durch eine Komponente mit tendenziell geringer Korrelation zu traditionellen Anlagen wie Aktien und Anleihen noch breiter aufstellen wollen. Diese alternativen Strategien konnten in den vergangenen Jahren Portfolios robuster machen. Vor allem im Horrorbörsenjahr 2022, als Aktien und Renten gleichermaßen zweistellig verloren. Unser Fonds war da nur mit geringen Verlusten dabei, 2023 übertraf er die Erwartungen dann deutlich mit einem Plus von mehr als elf Prozent.

Man sagt auch, die Fonds ähneln einer Versicherung. Warum?

Ritter: Dazu muss man den Hintergrund verstehen: Viele Aktienanleger wollen sich gegen unerwartet hohe Marktschwankungen absichern und nutzen dazu beispielsweise Optionen. Diese Form der Absicherung stellen Volatilitätsfonds bereit. Das ist im Prinzip wie bei einer Versicherung. Die Fonds erhalten im Gegenzug Prämienzahlungen. Da die Prämien kontinuierlich vereinnahmt werden, können die Fonds sich auch in stagnierenden oder fallenden Märkten im Vergleich zu anderen Anlageklassen gut behaupten. In den Jahren 2022 und 2023 leisteten sie etwa einen deutlichen positiven Beitrag, während viele traditionelle Anlageklassen wie Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen hohe Verluste hinnehmen mussten.

Aber auch Versicherungen machen im Schadensfall Verluste. Wie ist das bei Ihnen?

Ritter: Richtig. Da ist erst einmal der Unterschied zwischen impliziter und realisierter Volatilität wichtig. Die implizite Volatilität ist die vom Markt erwartete Schwankung, die tatsächlich realisierte Volatilität ist am Ende aber regelmäßig niedriger. Die Differenz ist die Volatilitätsrisikoprämie, die Volatilitätsfonds als Verkäufer von Optionen erhalten. Im Falle eines Marktcrashs erleiden diese Fonds zunächst einmal Verluste. Das ist normal. Diese werden jedoch durch die laufenden Prämieneinnahmen über die Zeit mehr als ausgeglichen. Die Volatilitätsrisikoprämie ist also der Ertrag, den der Verkäufer von Absicherung im Gegenzug für das übernommene Risiko erhält. Wäre sie nicht langfristig positiv, würde niemand das Risiko übernehmen – eben wie bei einer Versicherung.

Und was, wenn die realisierte doch über die implizite Volatilität steigt?

Ritter: Das passiert bei abrupten Marktkorrekturen. Um im Beispiel der Versicherung zu bleiben: Dann tritt ein Schadensereignis ein. So etwa im August, als eine striktere Geldpolitik der japanischen Notenbank starke Marktturbulenzen an den globalen Aktienmärkten auslöste. Das führte zu einem sprunghaften Anstieg der Volatilitätsindizes. Die Prämieneinnahmen konnten die Verluste nicht kompensieren und wir als Versicherer erlitten einen Verlust. Den konnten wir aber begrenzen. Um im Bild zu bleiben, hierzu nutzen wir als eine Art Rückversicherung VIX-Calls. Diese liefern bei einem plötzlichen Crash einen positiven Hedge-Beitrag und können so Verluste abfedern.

Und wie ging es im August dann weiter?

Ritter: Erst schoss Anfang August die Volatilität von einem auf den anderen Tag nach oben. Aber dann folgte eine sehr schnelle, nahezu perfekte V-förmige Erholung. Das gelang, weil die Vola-Risikoprämie nach solchen Ereignissen üblicherweise sehr hoch ist. Das schnelle Aufholen nach Marktturbulenzen ist charakteristisch für diese alternative Anlageklasse. Investoren sind dann bereit, viel für ihre Absicherung zu zahlen. Und Vola-Fonds profitieren davon. Im Ergebnis waren wir Ende August schon wieder auf einem neuen Allzeithoch.

Wie schätzen Sie das aktuelle Umfeld für Vola-Strategien ein?

Ritter: Die Aktienmärkte steigen weiterhin, aber gleichzeitig gibt es Unsicherheitsfaktoren, was die konjunkturelle Entwicklung, die politische Lage oder die Geopolitik angeht. Damit hält die Nachfrage nach Absicherungsstrategien an, und hält die Risikoprämie auf einem attraktiven Niveau. Gleichzeitig ist die Schwankung an den Märkten gering, die realisierte Volatilität damit niedrig. Das zusammen ergibt ein unverändert gutes Umfeld für Volatilitätsstrategien.

Vielen Dank für das Gespräch. (jh)


Einen ausführlichen Artikel über Fonds, die Volatilitätsstrategien nutzen, lesen Sie in FONDS professionell 4/2024 ab Seite 112. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.