Trumps Zollkrieg: US-Staatsanleihen verlieren Sicherheitsfunktion
Die vermeintliche Sicherheit von US-Staatsanleihen entpuppt sich angesichts der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump als Trugbild. In Panik werfen Investoren US-Treasuries auf den Markt. JP-Morgan-Chef Jamie Dimon spricht von einem "Aufruhr".
Investoren kaufen US-Staatsanleihen, weil sie als risikoarm und stabil gelten. Doch mit dem Angriff von US-Präsident Donald Trump auf den Welthandel stellen Anleger weltweit diese Sicherheit in Frage. Innerhalb einer Woche stiegen die Renditen von zehnjährigen US-Bonds um einen halben Prozentpunkt auf rund 4,5 Prozent, während umgekehrt die Anleihekurse nach unten rasselten. Es handelt sich laut "Bloomberg" um den größten Anstieg seit 2001. "Das ist nicht normal", so Ajay Rajadhyaksha von Barclays.
Dass dies zeitgleich mit dem Absacken der Aktienmärkte passiert, macht den Investoren Sorgen: Staatsanleihen werden – zumindest in der Lehrbuchmeinung – auch deshalb gekauft, weil sie sich für gewöhnlich gegenläufig zum Aktienmarkt entwickeln. Steigen die einen, fallen die anderen, woraus sich ein Absicherungseffekt ergibt. Momentan aber würden sich US-Treasuries eher verhalten wie risikoreiche Assets, zitiert "Bloomberg" besorgte Analysten.
Wertpapiere mit längerer Restlaufzeit abgestoßen
Besonders bei längerfristigen Schuldtiteln sind in den vergangenen Tagen die Renditen stark gestiegen (und umgekehrt die Preise gefallen), während der Wert des US-Dollar ebenfalls nachgelassen hat. Vor allem langlaufende Titel von zehn oder 30 Jahren wurden in Panik verkauft.
"Staatsanleihen verhalten sich nicht als sicherer Hafen", sagte ING-Zinsstratege Padhraic Garvey. Momentan seien Treasuries ein "verdorbenes Produkt", und "das ist kein angenehmes Terrain. Auch Staatsanleihen haben sich als schmerzhaftes Geschäft erwiesen."
"Das Kapital verlässt die USA in zunehmendem Tempo, da die Stellung des Dollar als Reservewährung geschwächt wird und das Risiko einer Rezession die Wahrscheinlichkeit eines inflationstreibenden zweistelligen Haushaltsdefizits erhöht", wird ein anderer Analyst zitiert.
Jamie Dimon erwartet, dass die Fed einschreiten muss
Auch Top-Banker beobachten die Turbulenzen auf dem Anleihemarkt mit Sorge, wie das "Handelsblatt" berichtet. Jamie Dimon, der Vorstandschef von Amerikas größter Bank JP Morgan Chase, erwarte einen "Aufruhr". Am Ende werde die US-Notenbank Fed einschreiten müssen, um die Märkte zu beruhigen, befürchtet er.
Die Geldpolitiker versuchten am Freitag zu beschwichtigen. Die Fed sei "auf jeden Fall darauf vorbereitet", im Ernstfall einzuspringen und Liquidität bereitzustellen, betonte Susan Collins, Chefin der regionalen Fed in Boston. Auch während der Pandemie war die Fed mit billionenschweren Anleihekäufen eingesprungen, um in Zeiten großer Verunsicherung Liquidität zu gewährleisten. Ein solcher Schritt würde jedoch die Inflation zusätzlich anheizen, wie ein Portfoliomanager in New York zu bedenken gibt, so das "Handelsblatt".
Langfristige Folgen
Selbst wenn der Zollkrieg abklingen sollte, könnte die Situation schwierig bleiben, heißt es bei "Bloomberg". Der Markt habe den politischen Entscheidungsträgern in Washington eine Botschaft übermittelt: Das Vertrauen der Anleger in US-Anleihen kann nicht länger als selbstverständlich angesehen werden – nicht nach einer jahrelangen Kreditaufnahme, die die Schuldenlast anschwellen ließ, und nicht mit einem Präsidenten im Weißen Haus, der wild entschlossen ist, die Regeln im In- und Ausland neu zu schreiben, schreiben "Bloomberg"-Analysten. Dabei kommen viele der größten Gläubiger des Landes ins Spiel.
"Staatsanleihen und der Dollar beziehen ihre Stärke aus der weltweiten Wahrnehmung der Kompetenz des amerikanischen Finanz- und Geldmanagements und der Solidität der amerikanischen politischen und finanziellen Institutionen", sagte Jim Grant, Gründer von "Grant's Interest Rate Observer", einem viel beachteten Finanznewsletter. "Möglicherweise überlegt es sich die Welt noch einmal." (Bloomberg/eml)