Donald Trump hat in den USA die höchsten Einfuhrzölle seit einem Jahrhundert verhängt. Am Mittwoch (2.4.) nach Börsenschluss kündigte der US-Präsident an, alle Exporte in die USA mit Zöllen in Höhe von mindestens zehn Prozent zu belegen — und auf Einfuhren aus rund 60 Ländern noch höhere zu erheben, um angeblich großen Handelsungleichgewichten mit den Vereinigten Staaten entgegenzuwirken.

Dazu gehören einige der größten Handelspartner des Landes, darunter China — das nun bei vielen Waren mit Zöllen von weit über 50 Prozent belegt ist — sowie die Europäische Union, Japan und Vietnam. "Jahrelang mussten die hart arbeitenden amerikanischen Bürger zusehen, wie andere Länder reich und mächtig wurden, und das zum großen Teil auf unsere Kosten", sagte Trump im Rosengarten des Weißen Hauses. "Jetzt sind wir an der Reihe, zu prosperieren."

Dramatische Eskalation
Gegenüber China verhängt Washington einen Reziprokzoll von 34 Prozent. Die EU wird mit 20 Prozent belegt, die Schweiz mit 31 Prozent und Großbritannien mit zehn Prozent (eine detaillierte Liste finden Sie in der Bilderstrecke oben). Die Verhängung der Reziprokzölle stellt in Trumps Handelskrieg eine dramatische Eskalation dar. Sie dürfte umgehende Vergeltungsmaßnahmen anderer Länder auslösen — und die bisherigen Kalkulationen für Unternehmen und Verbraucher in den USA auf den Kopf stellen.

Trump nutzt Zölle als Mittel zur Wiederbelebung der heimischen Produktion und zur Erzwingung geopolitischer Zugeständnisse — entgegen dem jahrzehntelangen Konsens, dass niedrigere Handelsschranken dazu beitragen, die Beziehungen zwischen den Nationen zu fördern und Konflikte zu vermeiden. Kurzfristig rechnen Ökonomen in den USA mit höheren Preisen und einem Konjunkturdämpfer, womöglich sogar mit einer Rezession.

"Die meisten Prognosen über den Haufen werfen"
Nach Trumps Ankündigung kam es an den globalen Finanzmärkten zu einem umfassenden Ausverkauf. Aktien verloren deutlich an Wert: Der japanische Leitindex Nikkei 225 schloss am Donnerstag (3.4.) mit einem Verlust von 2,8 Prozent, Dax und Euro Stoxx 50 notierten am Vormittag knapp zwei Prozent im Minus. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen fielen auf den niedrigsten Stand seit mehr als fünf Monaten. Die Flucht in sichere Häfen stärkten auch den japanischen Yen und den Goldpreis, der mit knapp 3.168 Dollar je Unze ein neues Rekordhoch erreichte.

Die reziproken Zölle seien "viel schlimmer, als wir befürchtet haben", sagte Mary Lovely, Senior Fellow am Peterson Institute for International Economics. Mit Blick auf die Umlenkung von Handelsströmen werde es "enorme Auswirkungen" geben. "Dies ist ein Wendepunkt, nicht nur für die US-Wirtschaft, sondern für die Weltwirtschaft", sagte Olu Sonola, Leiter der US-Konjunkturanalyse bei Fitch Ratings. "Viele Länder werden wahrscheinlich in einer Rezession enden. Man kann die meisten Prognosen über den Haufen werfen, wenn dieses Zollniveau über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt." (Bloomberg/ert)