Trumps Chaos-Kurs ist "ein Albtraum für Strategen und Investoren"
Finanzminister und Notenbanker aus aller Welt beraten in Washington über die Folgen von Trumps Wirtschaftspolitik. Die Unsicherheit an den Märkten wächst – Hoffnungen auf Fortschritte im Handelsstreit wechseln sich mit Sorgen um die Stabilität der globalen Wirtschaft ab.
Die einflussreichsten Finanzpolitiker rund um den Globus sind diese Woche nach Washington geströmt, um aus nächster Nähe zu beobachten, wie die Bemühungen von US-Präsident Donald Trump zur Umgestaltung der globalen Wirtschaftsordnung die Märkte erschüttern und das Wachstum schwächen.
Während die Notenbanker und Finanzminister in privaten Treffen und Podiumsdiskussionen darüber debattierten, wie Trumps Zölle die Orthodoxie des Freihandels auf den Kopf stellen, machten an den Märkten Spekulationen die Runde, dass die USA einer Senkung ihrer massiven Zölle auf China zustimmen könnten. Selbst US-Finanzminister Scott Bessent erklärte hinter verschlossenen Türen, die Strafzölle kämen faktisch einem Handelsembargo gleich.
Frühjahrstagung unter neuen Vorzeichen
Üblicherweise treffen sich Minister und Notenbanker aus fast 200 Ländern bei den Frühjahrstagungen von IWF und Weltbank (in diesem Jahr von 21.4. bis 26.4.), um globale Herausforderungen zu besprechen. Dieses Jahr aber stand die US-Wirtschaftspolitik im Zentrum der Gespräche.
Die Zusicherungen des Weißen Hauses, dass mehrere neue Handelsabkommen kurz vor dem Abschluss stünden, prallten auf Delegationen, die noch immer versuchten, die tatsächlichen Absichten des Trump-Teams zu ergründen.
Unsicherheit dominiert die Stimmung
Angesichts einer drohenden Abschwächung der Weltwirtschaft und keiner Lösung des Handelskonflikts zeigten sich einige Teilnehmer erleichtert, dass sich die Lage in dieser Woche nicht weiter verschlechtert habe – sicher fühlte sich jedoch niemand. "Die Sorge, die ich am häufigsten höre, betrifft gar nicht die Zölle, sondern die Unsicherheit", sagte IWF-Chefin Kristalina Georgieva am Donnerstag (24.4.). "Lasst uns Klarheit schaffen."
Das Schlagwort der Woche – “Unsicherheit” – hielt sogar Einzug in die Vorstandsetagen von Unternehmen, wo angesichts des Tempos der politischen Kurswechsel Trumps auf die Gefahren in den Gewinnprognosen und an den globalen Handelsplätzen hingewiesen wurde. "Auf all diese Schlagzeilen zu reagieren, ist ehrlich gesagt ein Albtraum für Strategen und Investoren gleichermaßen", sagte Michael Brown, Senior Research Strategist bei Pepperstone in London. "Es spricht für den allgemeinen Grad an Inkohärenz, Unsicherheit und Volatilität, mit der das Weiße Haus weiterhin Politik macht."
Kurze Erholung, gefolgt von neuer Skepsis
Die Woche begann mit einer Absenkung der IWF-Wachstumsprognosen auf den niedrigsten Stand seit der Pandemie. Hoffnung keimte auf, als Trump erklärte, er sei bereit, seine 145-Prozent-Zölle auf China "erheblich" zu senken, und betonte, er wolle Fed-Chef Jerome Powell nicht entlassen.
Doch Bessent stellte klar: Eine Senkung der Zölle werde nicht einseitig erfolgen. Zudem fehlten die sonst üblichen Treffen mit chinesischen Kollegen während der Frühjahrstagungen – ein weiteres Zeichen für die angespannte Beziehung.
China widerspricht – Verhandlungen ungewiss
Ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums, He Yadong, wies Spekulationen über Fortschritte zurück: Alle Berichte seien "unbegründet". Trump wiederum beharrte darauf, dass Verhandlungen begonnen hätten, ohne Details zu nennen.
Ein Regierungsvertreter einer G7-Wirtschaftsmacht sagte, das Kräfteverhältnis habe sich zuletzt verschoben: Der Druck auf China sei gesunken, eine sofortige Einigung erscheine aus chinesischer Sicht nicht mehr notwendig.
Diplomatie auf der Suche nach Balance
Malaysias zweiter Finanzminister Amir Hamzah Azizan kündigte an, noch diese Woche Gespräche mit den USA aufnehmen zu wollen. Eine umfassende Lösung des Konflikts scheint dennoch nicht in Sicht.
Bessent erklärte, eine Übereinkunft mit Südkorea könnte bereits nächste Woche zustande kommen – kleine Fortschritte im Vergleich zum stockenden Dialog mit China.
Kritik an US-Politik bleibt verhalten
Die Teilnehmer der G20-Runde versuchten, die Balance zu halten: Einerseits Widerstand gegen US-Zölle, andererseits der Versuch, Trump nicht weiter zu verärgern. Mehrere Delegierte berichteten, Bessent habe sich um Deeskalation bemüht, während die direkte Kritik an der US-Handelspolitik eher gedämpft blieb.
Einige Stimmen unterstützten jedoch Teile der US-Kritik am globalen Handelssystem. "Die USA haben in Bezug auf einige der globalen Ungleichgewichte durchaus einen wichtigen Punkt", sagte Großbritanniens Schatzkanzlerin Rachel Reeves.
Trotz positiver Signale von Bessent – Vertrauenskrise bleibt bestehen
Positiv aufgenommen wurde Bessents Bekenntnis zur Unterstützung von IWF und Weltbank – wichtige Institutionen, die im Vorfeld aufgrund von Trumps "America First"-Politik in Frage gestellt worden waren. Nadia Calvino, Präsidentin der Europäischen Investitionsbank, begrüßte Bessents Aussage, "America First" bedeute nicht "America Alone", als ermutigendes Zeichen für künftige Kooperationen.
Dennoch bleibt Misstrauen. "Die USA müssen unser Vertrauen zurückgewinnen", sagte die schwedische Finanzministerin Elisabeth Svantesson. Viele seien überrascht von der Intensität und Geschwindigkeit der US-Politik. "Wenn man seine Botschaft häufig ändert, entsteht ein Vertrauensproblem. Um das Vertrauen zu festigen, brauchen wir Taten." (mb/Bloomberg)