Trump-Angriffe auf Powell: Wieso ein anstehendes Urteil so wichtig ist
US-Präsident Trump hat seine Tiraden gegen Notenbank-Chef Powell vorerst eingestellt. Eine unabhängige Notenbank dürfte ihm trotzdem nicht ins Konzept passen. Deshalb rückt nun eine Entscheidung des Supreme Courts in den Fokus.
Zu Beginn seiner zweiten Amtszeit schien US-Präsident Donald Trump die rechtlichen Möglichkeiten für eine Absetzung des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell auszuloten. Notfalls könne er ihn auch ohne Gründe entlassen, ließ er wissen. Inzwischen hat Trump seine öffentliche Haltung gemildert. Steve Williams, europäischer Leiter für globale Zinsstrategien bei Nikko Asset Management, traut der Ruhe aber nicht so recht.
Gericht könnte Spielregeln neu definieren
Er verweist auf ein anstehendes Urteil des Obersten Gerichtshofs in Bezug auf andere Personalien. Diese Entscheidung könnte aber einen Präzedenzfall aus dem Jahr 1935 in Frage stellen. Was sich dahinter versteckt, hat durchaus Sprengkraft, denn es geht um die Einschränkung der Befugnis des Präsidenten zur Entlassung der Leiter unabhängiger Behörden ohne Angabe von Gründen. Im Klartext: Der Oberste Gerichtshof könnte wichtige rechtliche Schutzmechanismen beseitigen, die den Fed-Vorsitzenden vor politischer Einflussnahme schützen.
Selbst wenn das Gericht eine eingeschränktere Entscheidung fällt, könnte es laut Williams den Weg für eine stärkere Kontrolle der Exekutive über unabhängige Behörden ebnen. "Im Extremfall hätte Trump die Befugnis, Powell oder jeden anderen Behördenleiter nach Belieben zu entlassen", warnt der Anlageexperte. Ein solcher Schritt würde seiner Meinung nach die Integrität der Fed als Institution untergraben. "Vergleiche mit der Erosion der Unabhängigkeit von Zentralbanken in Ländern wie der Türkei lägen nahe", so Williams. Dort habe eine politisch motivierte Geldpolitik zur wirtschaftlichen Instabilität beigetragen.
Kandidatensuche für die Fed läuft an
Powells Amtszeit endet bekanntermaßen im Mai 2026; eine Wiederernennung ist unwahrscheinlich. Sein Nachfolger könnte schon weit vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben werden. "Trump dürfte einen Kandidaten nominieren, der bereit ist, die Zinsen aggressiv zu senken", glaubt der Nikko-AM-Experte.
Dies bringe die Fed in eine schwierige Lage. Denn selbst wenn der politische Druck zur Lockerung der Geldpolitik zunimmt, müsse sie das Risiko einer erneut beschleunigten Inflation im Blick behalten. "Eine verfrühte oder politisch motivierte Kehrtwende könnte die Fehler der 1970er Jahre wiederholen", sagt Williams. Damals mündeten geldpolitische Fehltritte in einer Inflationsspirale.
Vorerst aber könnte die Unsicherheit die Fed dazu veranlassen, ihre derzeitige Pause länger beizubehalten, bis mehr Klarheit über die Inflation und die politische Lage herrscht. (jh)