Online-Wetten und riskante Aktienkäufe sollen zwar für den gleichen Nervenkitzel sorgen. Die Glücksspieler neben der Börse und die Trader an den Kapitalmärkten unterscheiden sich aber in Bildungsgrad und Vermögen erheblich. Das hat eine Untersuchung des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung Safe ergeben. "Wer an Sportwetten und Lotterien teilnimmt, geht der Vorliebe fürs Glücksspiel weniger am Aktienmarkt nach. Aktien, die große Gewinne versprechen, aber vor allem große Verluste erzeugen können, finden sich nämlich überwiegend in Portfolios von Personen, die sich nicht auf Glücksspiele oder Sportwetten einlassen", sagt Co-Autor Andreas Hackethal. Bisherige Studien hätten ein anderes Bild gezeichnet.

Hackethal hat zusammen mit Emily Kormanyos von der Goethe-Universität Frankfurt und Tobin Hanspal von der Wirtschaftsuniversität Wien die Daten von mehreren Tausend Bankkunden untersucht. "Personen, die Glücksspielen nachgehen, nehmen am Aktienmarkt zwar überdurchschnittliche Risiken in Kauf", sagt Kormanyos. Sie kauften aber deutlich weniger "Lotterie-Aktien" und spekulierten damit weniger als Risiko-Trader ohne Glücksspielaktivitäten. Als "Lotterie-Aktien" werden hier Titel bezeichnet, mit denen wie bei einer Lotterie kurzfristig große Gewinne erzielt werden könnten, langfristig sei aber eine negative Rendite viel wahrscheinlicher.

Wohlhabende Anleger auf der Suche nach dem Kick
Solche "Lotterie-Aktien" finden sich der Untersuchung zufolge vor allem in den Depots von Personen, die sehr aktiv an der Börse handeln, vermögend sind und ein solides Finanzwissen besitzen – und keine Transaktionen mit Online-Wettspielportalen aufwiesen. "Diese Viel-Traderinnen und -Trader gehen zwar hohe Risiken mit 'Lotterie-Aktien' ein, setzen aber nicht alles auf eine Karte, sondern legen den Rest ihres Portfolios solide an", so Hanspal. Dadurch ergebe sich unterm Strich sogar ein positives Bild für die zu erwartende Rendite. Bei der Gruppe, die sowohl auf Online-Wettspielportalen aktiv war als auch Wertpapiere handelte, fanden die Wissenschaftler weniger "Lotterie-Aktien" – aber häufiger typische Anlagefehler wie mangelnde Streuung, was unterdurchschnittliche Renditeerwartungen nach sich zog.

Der leichtere Zugang zu Börsen über Trading-Apps oder die Einflussnahme auf Kursentwicklungen über soziale Netzwerke scheinen das Zocken von Unerfahrenen am Aktienmarkt nicht zu befeuern, wie die Studienautoren weiter berichten. Vielmehr nutzten wohlhabende und erfahrenere Anleger "Lotterie-Aktien" für den gleichen Kick, den Glücksspieler bei Online-Wetten oder am Casino-Tisch erwarten. (fp)