Star-Ökonom Nassim Taleb, Autor des Bestsellers "Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse", sieht die Finanzmärkte in gefährlichem Fahrwasser. Obwohl die US-Börsen von einem Rekord zum nächsten eilen, rät der wissenschaftliche Chefberater des Hedgefonds Universa Investments Anlegern, sich gegen einen möglichen Crash abzusichern.

"Weiße Schwäne" als größte Gefahr
Taleb sieht die größte Gefahr derzeit nicht in unvorhersehbaren Krisen, sondern in klar erkennbaren, aber ignorierten Risiken – sogenannten "Weißen Schwänen".

"Wir steuern irgendwann in der Zukunft – es gibt keinen Ausweg, außer es geschieht ein Wunder – auf ein Schuldenproblem zu", sagte Taleb auf dem Greenwich Economic Forum. "Wenn der Schuldenberg zum größten Posten im Haushalt wird, steckt man in Schwierigkeiten – egal, ob Privatperson, Unternehmen oder Staat."

Die hohe US-Verschuldung sei ein strukturelles Risiko, das eine scheinbar unaufhaltsame Rally an den Märkten gefährde.

Absichern trotz Optimismus
Trotz der robusten Entwicklung an den Aktienmärkten bleibt Universa Investments laut Taleb vorsichtig optimistisch – allerdings nur in Kombination mit Absicherungsstrategien. "Es ist eine Kombination aus extremer Zuversicht für den Markt und einem obsessiven Bedürfnis, sich abzusichern", erklärte er.

Taleb betont, dass echtes Risikomanagement darin bestehe, ein Gleichgewicht zwischen Markteuphorie und Schutzmaßnahmen zu wahren: "Wenn du Abstürze nicht überlebst, wirst du niemals Geld verdienen."

"Schwarzer Schwan" als  Rettung nicht in Sicht
In seinem berühmten Werk prägte Taleb den Begriff des "Black Swan", eines völlig unerwarteten, extremen Ereignisses. Heute jedoch sieht er nur eine positive Überraschung als möglich: "Der Schwarze Schwan für mich, das Unerwartete, wäre ein Wunder, das uns aus dieser Misere befreit – ein Wunder, das die Schulden plötzlich irrelevant macht. Und es ist nichts dergleichen in Sicht."

Künstliche Intelligenz – Chance oder Risiko?
Auf die Frage, ob künstliche Intelligenz (KI) ein solches Wunder sein könnte, antwortete Taleb mit Zurückhaltung: "Vielleicht kann KI dabei helfen", sagte er, warnte jedoch zugleich vor neuen Gefahren. Früher habe Technologie den Menschen entlastet, heute bedrohe sie vor allem hochqualifizierte Arbeitsplätze. "Es sind die qualifizierten Arbeitnehmer, die herabgestuft werden. Also kann KI helfen, aber zugleich auch schaden."

Für Taleb bleibt eines klar: Anleger sollten sich von der aktuellen Euphorie an den Märkten nicht blenden lassen. Der Schuldenberg wachse, die Risiken seien offensichtlich – und ein "Wunder" zur Lösung sei nicht in Sicht. Nur wer Rückschläge übersteht, könne langfristig erfolgreich investieren. (mb/Bloomberg)