Schoellerbank: Sechs Gründe, warum Anleger immer noch Anleihen kaufen
Die meisten Anleihen in der Eurozone rentieren derzeit negativ. Dennoch investieren immer noch viele Anleger in festverzinsliche Wertpapiere. Die Schoellerbank nennt sechs Gründe für dieses Verhalten.
Angesichts weitgehend negativer Renditen auf Anleihen scheint es irrational, dass Anleger immer noch auf Rentenpapiere setzen. Tatsächlich lässt sich das Verhalten aber erklären, schreibt die Schoellerbank in ihrem aktuellen Analysebrief. Sie nennt sechs Gründe:
- Die Furcht vor Deflation: Sollte der langjährige Trend fallender Preise tatsächlich anhalten, würden Anleihen in einem deflationären Umfeld zu den Gewinnern zählen. "Da das Geld immer wertvoller wird und der Nennwert einer Anleihe über die Laufzeit fix bleibt, gewinnt der Anleger in realer Betrachtung", so die Schoellerbank-Analysten.
- Die Angst vor einem Crash: Angesichts zahlreicher globaler Konflikte habe die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals "für manche Investoren mittlerweile eine wesentlich höhere Priorität als die zu erwartende Rendite".
- Die Europäische Zentralbank: Als größter Akteur am Anleihenmarkt habe die EZB einen Löwenanteil zu den enormen Kursgewinnen und den damit verbundenen negativen Renditen beigetragen, erinnert das Institut. "Dass die europäischen Währungshüter in ihrer letzten Sitzung die Wiedereinführung der Anleihenkäufe mit einem Volumen von 240 Milliarden Euro pro Jahr beschlossen haben, stützt die Hoffnung auf weiter steigende Kurse."
- Neben der EZB gibt es weitere Großinvestoren: "Der Kauf von Staatsanleihen wird aufsichtsrechtlich nach wie vor begünstigt, weshalb viele institutionelle An-leger trotz negativer Renditen gezwungen sind, in diese Anlageklasse zu investieren." Das aktuelle Regelwerk zur Bankenregulierung erlaube ein Risikogewicht von Null für Staatsanleihen aus der Eurozone. "Banken können diese Anleihen daher zu 100 Prozent schuldenfinanziert erwerben", erinnern die Analysten.
- Auch die "Greater-Fool-Theory" könnte ein Grund sein, zu Festverzinslichen zu greifen: Anleihekäufer spekulieren darauf, dass "sich zu einem späteren Zeitpunkt bestimmt ein noch größerer 'Dummkopf' findet, der die Anleihe zu einem noch teureren Kurs kauft".
- Letztendlich beeinflusst laut Schoellerbank auch der Wunsch das Anlageverhalten, für das Alter vorzusorgen. "Die Menschen in alternden Industriegesellschaften legen heute viel mehr Wert auf eine gesicherte Altersvorsorge als in früheren Zeiten. Das bedeutet, dass sie dem zukünftigen Konsum eine größere Bedeutung geben als jenem der Gegenwart", schreiben die Analysten. "Anders formuliert: Ein Euro in der Zukunft ist von größerem Wert als ein Euro in der Gegenwart." Um die Kaufkraft in die Zukunft zu verlagern und im Alter versorgt zu sein, seien Anleger sogar bereit, einen negativen Zins zu bezahlen. (fp)