"Wir sind optimistisch, aber nicht euphorisch gestimmt", erklärte Luca Paolini, Chefanlagestratege von Pictet Asset Management (Pictet AM), zu Beginn seines Marktausblicks auf das Jahr 2025 vor professionellen Marktteilnehmern in Wien. Seine Kernbotschaft: Da die US-Wirtschaft noch immer stark ist und damit ein gutes Chancen-/Risikoverhältnis für Aktien besteht, sollten Anleger in diesem Segment weiterhin voll investiert bleiben. Gleichzeitig sollten sie bereit sein, beim Auftauchen neuer Risiken oder dem Eintreten bekannter Risiken zügig einen Teil ihrer Risikopositionen zu schließen.

Investierte Aktienanleger sollten sich nicht von den in den vergangenen Monaten regelmäßig erreichten Höchstständen an den Börsen zum Verkauf verleiten lassen. In einem klassischen Bullenmarkt sei es relativ normal, dass ein Hoch auf das andere folgt. Rein statistisch gesehen würden Aktien über 30 Prozent aller Zeiträume in der Nähe eines Höchststands notieren. "Das ist kein Grund nervös zu werden", befand Paolini.

Mit Argusaugen
Trotzdem sollten Investoren mit Argusaugen die Marktentwicklung beobachten. Denn die gute Investorenstimmung hat dazu geführt, dass einerseits Aktien ein Rekordniveau nach dem anderen erreichen und die Risikoaufschläge von Unternehmensanleihen auf so niedrigen Niveaus sind, wie sie zuletzt kurz vor dem Platzen der Blase im Jahr 2007/08 beobachtet wurden. Andererseits notiert der Goldpreis auf Rekordständen. "Irgendetwas muss nachgeben", erklärte Paolini.

Ein Risikofaktor könnten die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle gegenüber exportlastigen Wirtschaftsmächten wie China oder Europa werden. Das würde vor allem das derzeit auf fast allen Ebenen schwächelnde Europa besonders hart treffen.

Hoffen auf einen "Trigger"
Europäische Aktien gelten zwar im internationalen Vergleich als günstig bewertet, Paolini sieht derzeit aber keinen aktuellen "Trigger" für eine Hausse bei europäischen Unternehmen. Das gilt insbesondere für Firmen, deren Umsätze und Gewinne von der Entwicklung am europäischen Binnenmarkt abhängen. Europäische Aktien wären jedoch spätestens dann ein Investment wert, falls es in der Ukraine zu einem Waffenstillstand oder gar zu Frieden käme.

In den USA würde Trumps Politik in Summe für eine wachsende Wirtschaft und höhere Unternehmensgewinne sorgen. Falls der US-Präsident alle seine Pläne komplett umsetzen sollte, würde dies die Aktienkurse vermutlich weiter nach oben treiben.

Gewinnmitnahmen einplanen
Eingedenk dessen, dass zukünftig irgendwann alle guten Nachrichten und Fantasien auf bessere Zeiten in den US-Aktienkursen eingepreist sind, sollten Investoren Paolini zufolge für sich selbst einen "mentalen" Verkaufszeitpunkt bestimmen. Angesichts eines KGVs beim S&P 500 von derzeit rund 22 würde Paolini bei einem KGV-Stand von 25 Verkäufe vornehmen. Er glaubt, dass das Jahr 2025 an den Aktienmärkten zumindest anfangs noch steigende Kurse bringt, bevor es gegen Jahresmitte ungemütlicher werden könnte und eine Korrektur einsetzt.

Da unter dem spendierfreudigen Trump das US-Haushaltsdefizit weiterhin hoch bleiben oder gar steigen könnte, sieht Paolini bei Staatsanleihen anderer Länder ein besseres Chancen-/Risikoverhältnis. Er erachtet Staatsanleihen von Großbritannien sowie von lateinamerikanischen Ländern wie Brasilien, Kolumbien, aber auch Mexiko, als attraktiv bewertet. (aa)