OGH und FMA stellen klar: Crowdinvestments sind prospektpflichtig
Die Crowdfunding-Branche muss sich warm anziehen. Wenn sie in Zukunft größere Beträge für ein Projekt einsammeln will, muss sie sich an das Kapitalmarktgesetz halten. Dafür hat der OGH mit einem spannenden Urteil gesorgt.
Was der Gesetzgeber nicht schafft, erledigen die Gerichte. Nachdem bereits das Landesgericht und Oberlandesgericht Graz hart gegen den Anbieter eines Nachrangdarlehens vorgegangen waren (FONDS professionell berichtete), legte der Oberste Gerichtshof (OGH) nun nach. Nachrangdarlehen sind Veranlagungen im Sinne des Kapitalmarktgesetzes und deshalb grundsätzlich prospektpflichtig.
Für die Crowdinvesting-Branche ist das ein harter Schlag, denn die Zeiten der soften Regulierung sind damit vorbei. Bislang wurde im Einzelfall geprüft, ob ein Crowdinvestment nicht doch eine Veranlagung darstellt und deshalb einen ordentlichen Prospekt verlangt. Nach dem OGH-Urteil stellte die Finanzmarktaufsicht (FMA) jetzt klar: "Nun sind alle Nachrangdarlehen grundsätzlich Veranlagungen, für die ein Prospekt zu erstellen ist. Eine Ausnahme von der Prospektpflicht ist im Einzelfall zu prüfen. Bisher war es genau umgekehrt." Die Behörde habe diesbezüglich ihre Verwaltungspraxis aktualisiert, erklärten die FMA-Vorstände Helmut Ettl und Klaus Kumpfmüller bei einem Pressegespräch in Wien.
Konkret sieht die Vorschrift wie folgt aus:
- Nachrangdarlehen mit einem Emissionsvolumen ab fünf Millionen Euro brauchen einen vollständigen Prospekt im Sinne des Kapitalmarktgesetzes.
- Für die Emissionvolumen von 1,5 bis fünf Millionen Euro müssen die Unternehmen einen vereinfachten Prospekt nach dem Schema F erstellen ("Prospekt light“). Auch hier gilt das Kapitalmarktgesetz.
- Bis zu einer Darlehenshöhe von 1,5 Millionen Euro genügt die Veröffentlichung von Informationsdokumenten, wie sie im Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG, besser bekannt als "Crowdfunding-Gesetz“) vorgeschrieben sind.
"Rechtssicherheit für Unternehmen und Anleger"
Der OGH hat mit seiner Rechtsprechung eine Lücke geschlossen. Bislang war es so, dass für Emissionen von mehr als 1,5 Millionen Euro weder die Veröffentlichung eines Informationsblattes nach AltFG noch die Erstellung eines Prospekts Pflicht war. Man konnte also mehr Geld mit weniger Informationen einsammeln. "Rechtssicherheit ist für die Unternehmen und für die Anleger wichtig“, betonte Kumpfmüller. Er appellierte an die Politik, in den künftigen Gesetzgebungsverfahren (etwa durch die neue Prospektverordnung der EU) klare gesetzliche Regeln zu schaffen. Hier sieht die FMA Handlungsbedarf.
Die Verwaltungspraxis hat die Finanzaufsicht dahingehend geändert, dass einerseits alle neuen Emissionen, aber andererseits auch alle laufenden Angebote von der neuen Rechtsprechung betroffen sind. Das bedeutet, dass die aktuell angebotenen Nachrangdarlehen, deren Emissionsvolumen 1,5 Millionen Euro übersteigt, geschlossen und gegebenenfalls per Prospekt neu aufgelegt werden müssen. Die bereits platzierten Nachrangdarlehen sind davon laut FMA allerdings nicht betroffen.
Fast alle Crowdinvestments erfolgen in Form von Nachrangdarlehen
Nach Angaben der Aufsicht wurden seit Einführung des Crowdfunding-Gesetzes, das am 1. September 2015 in Kraft getreten ist, rund 120 Finanzierungen nach dem AltFG angeboten. 99,5 Prozent wurden über das Vehikel des Nachrangdarlehens abgeschlossen. "Es hat einen Boom bei den Bürgerbeteiligungen in Form von Nachrangdarlehen gegeben, weil es kein konzessionspflichtiges Finanzgeschäft und auch kein Wertpapier ist." (ae)