Die anhaltende Teuerung hat einem Großteil der Welt schon vor dem Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus Sorgen bereitet. Die Maßnahmen der US-Administration in dieser Woche gegen China liefern jedoch den ersten konkreten Beweis dafür, dass Trump nicht nur leere Drohungen ausspricht. Deshalb stellt sich die Frage, wie lange die globale Disinflation noch weitergehen kann.

"Zollkriege wirken inflationär, das steht nicht zur Debatte", sagte Carsten Brzeski, Leiter Makro bei ING. An vielen Orten verstärken sie die anhaltenden Auswirkungen des vergangenen Inflationsschocks sowie große strukturelle Herausforderungen wie alternde Gesellschaften und Klimawandel, erläuterte er. "Es gibt derzeit nur sehr wenige Gründe, davon auszugehen, dass die Inflation dauerhaft niedrig bleibt."

Bestehende Sorgen verstärkt
Während China derzeit kaum Anzeichen für eine Anfälligkeit für einen Preisschock zeigt, kann man das vom Rest der Welt nicht behaupten, sollte es zu Zöllen kommen. Viele Volkswirtschaften sind latentem Teuerungsdruck ausgesetzt, getrieben von Binneninflation oder Teuerung aus Importen. In den USA hält ein widerstandsfähiger Arbeitsmarkt die Federal Reserve in Alarmbereitschaft, die Anleiherenditen ziehen an. Schwellenländern wie Indonesien indessen macht die Dollar-Stärke zu schaffen. Die Teuerung in der Eurozone fiel diese Woche höher aus als erwartet.

Trumps Amtsantritt hat die bereits bestehenden Sorgen noch verstärkt. Im Oktober hatte ein Vertreter des Internationalen Währungsfonds erklärt, der Kampf gegen die Inflation sei "fast gewonnen". Beim Weltwirtschaftsforum in Davos im vergangenen Monat wurden an dieser These durchaus Zweifel laut.

Inflationsaussichten neu bewertet
Eine Umfrage der Bank of America unter Fondsmanagern aus aller Welt ergab im Januar, dass ein erneuter globaler Inflationsschub 2025 ein zentrales Thema ist. Die Weltbank prognostizierte zwar eine Verlangsamung der Teuerung, warnte jedoch weiterhin davor, dass sie sich "als hartnäckiger erweisen könnte als erwartet". Das deckt sich mit den Märkten. Die Inflationserwartungen in den USA, Europa und Japan sind deutlich gestiegen, seit Trump als Favorit für die US-Präsidentschaft gehandelt wurde. In dieser Woche lagen sie allesamt über zwei Prozent.

Insbesondere für die USA beginnen Analysten, die Inflationsaussichten neu zu bewerten. Am Dienstag (4.2.) verwarf Morgan Stanley die Prognose für eine Zinssenkung der Fed im März. "Die immer wieder aufkommende Unsicherheit über die Zölle sollte die Hürde für Zinssenkungen der Fed erhöhen", sagte Michael Gapen, Chefökonom für die USA bei Morgan Stanley.

Fed nimmt sich Zeit
Vergangene Woche hatte Fed-Chef Jerome Powell betont, dass die Währungshüter mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik warten wollen, bis sich bei der Inflationseindämmung weitere Fortschritte abzeichnen. Das Potenzial für höhere Zölle erschwert diese Aussicht. Eines ist klar: Die Fed wird sich Zeit nehmen, um die Auswirkungen von Trumps Politik zu bewerten. Fed-Notenbankerin Mary Daly sagte am Dienstag, dass die US-Wirtschaft in einer guten Position sei und dass die Zentralbank es sich leisten könne, bei ihrer Bewertung gründlich zu sein. "Wir müssen bei unserer Entscheidungsfindung nicht präventiv sein", sagte Daly und fügte hinzu, dass die Aufgabe, die Inflation auf zwei Prozent zu senken, noch nicht beendet sei.

"Die Fed muss sich der Inflationsrisiken bewusst sein, die sich aus der geplanten Zollpolitik ergeben", so Strategin Seema Shah von Principal Asset Management. "Während Zentralbanken in der Regel über einmalige Zollerhöhungen hinwegsehen, müssen sie sich des Risikos bewusst sein, dass die Inflationserwartungen allmählich nach oben driften."

Auch EZB wird vorsichtig
Auf der anderen Seite des Atlantiks könnte das Ausmaß einer etwaigen handelspolitischen Reaktion von entscheidender Bedeutung sein, wenn Trump Zölle einführt. Bislang haben die Währungshüter sie als Preistreiber in beide Richtungen heruntergespielt. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat erklärt, über importierte Inflation sei sie nicht "übermäßig besorgt".

Die Teuerung hat sich im Euroraum im Januar unerwartet beschleunigt, wobei die Inflationserwartungen mit Blick auf Dienstleistungen den höchsten Stand seit fast einem Jahr erreichten. Verbraucher und Analysten sind weniger optimistisch als die Währungshüter, ihre Inflationserwartungen für 2025 sind laut EZB-Umfragen gestiegen. Eine "Bloomberg"-Umfrage ergab, dass eine Mehrheit der Ökonomen inzwischen eher die Sorge hat, dass die Teuerung mittelfristig bei über zwei Prozent liegen dürfte.

Selbst einige Währungshüter werden vorsichtig. EZB-Chefökonom Philip Lane warnte am Mittwoch, dass "Reibung" im Welthandel den Ausblick zur Preisentwicklung trübe und "neue Aufwärtsrisiken" entstehen könnten. EZB-Direktor Piero Cipollone wies auf den jüngsten Anstieg der Energiekosten als Grund für Vorsicht hin. Ein Trost ist, dass ein EZB-Indikator für künftige Lohnerhöhungen weiterhin eine starke Verlangsamung signalisiert. (Bloomberg/fp)