Der neue Fed-Notenbanker Stephen Miran hat ein deutliches Plädoyer für kräftige Zinssenkungen gehalten. Damit stellt er sich hinter die Forderungen von US-Präsident Donald Trump – und zugleich gegen die Mehrheitsmeinung im Offenmarktausschuss der Federal Reserve.

Geldpolitik "weit im restriktiven Bereich"
In seiner ersten Grundsatzrede seit Amtsantritt erklärte Miran, der neutrale Zins – also das Niveau, bei dem Geldpolitik die Wirtschaft weder bremst noch anschiebt – sei in diesem Jahr durch Zölle, Einwanderungsbeschränkungen und Steuerpolitik gesunken. Um die Wirtschaft nicht zu schädigen, müsse das Zinsniveau daher deutlich niedriger liegen.

"Das Ergebnis ist, dass die Geldpolitik sich weit im restriktiven Bereich befindet", sagte Miran am Montag (22.9.) beim Economic Club of New York. "Wenn die kurzfristigen Zinsen etwa zwei Prozentpunkte zu hoch bleiben, drohen unnötige Entlassungen und höhere Arbeitslosigkeit."

Streit im Offenmarktausschuss
Miran nahm in der vergangenen Woche erstmals an einer Sitzung des Offenmarktausschusses teil. Dort senkten die Währungshüter den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,00 bis 4,25 Prozent. Miran stimmte dagegen – er wollte eine Senkung um 0,50 Prozentpunkte.

Vor seiner Berufung ins Direktorium der Notenbank leitete Miran den Rat der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses. Er hat sein Amt nicht niedergelegt, sondern befindet sich in unbezahlter Beurlaubung. Sein Mandat bei der Fed endet Ende Januar 2026. Ob er darüber hinaus bleibt, ist offen.

"Keine Panik, aber wachsende Risiken"
"Es ist keine Panik – ein panischer Schritt wäre eher 75 Basispunkte oder mehr", sagte Miran in der anschließenden Fragerunde. "Ich bin nicht panisch, ich sehe nur, dass die Risiken wachsen, je länger man deutlich über dem neutralen Zins bleibt."

In den Projektionen der vergangenen Woche hatte Miran signalisiert, dass er insgesamt eine Senkung um 1,50 Prozentpunkte in diesem Jahr bevorzugt. Weil er den neutralen Zins besonders niedrig einschätzt, sei es sinnvoller, rascher dorthin zu steuern. Die mittlere Erwartung der 19 Fed-Vertreter liegt dagegen nur bei einer weiteren Senkung um 0,50 Punkte.

Gegen "Illusion von Einigkeit"
Miran kündigte an, bei künftigen Sitzungen voraussichtlich weiter abweichend zu stimmen. "Solange sich meine Sicht nicht ändert, werde ich weiter dafür eintreten – und wenn das bedeutet, weiter abweichend zu stimmen, dann heißt das eben, weiter abweichend zu stimmen", sagte er. "Ich werde nicht für etwas stimmen, an das ich nicht glaube, nur um eine Illusion von Einigkeit zu schaffen, wo keine ist." (mb/Bloomberg)