Neue Zahlen: US-Arbeitsmarkt so schwach wie seit 2020 nicht mehr
Wegen des US-Regierungsstillstands fehlen wichtige Wirtschaftsdaten – die Carlyle Group springt ein. Der Investmentriese schätzt, dass im September nur 17.000 neue Stellen entstanden sind. Das wäre einer der schwächsten Werte seit der Rezession 2020 – und ein Warnsignal für die US-Wirtschaft.
Die Carlyle Group, einer der größten Investmentmanager der Welt mit mehr als 700.000 Beschäftigten rund um den Globus, hat den Ausfall offizieller US-Wirtschaftsdaten infolge des Shutdowns mit eigenen Berechnungen kompensiert – und liefert ein düsteres Bild des amerikanischen Arbeitsmarkts.
Demnach sind im September lediglich 17.000 neue Stellen außerhalb der Landwirtschaft entstanden – deutlich weniger als die 54.000, die Ökonomen in einer "Bloomberg"-Umfrage erwartet hatten. Das wäre eines der schlechtesten Ergebnisse seit dem Ende der Rezession im Jahr 2020.
Ersatzindikatoren sollen Regierungslücke schließen
Carlyle erstellt seit über einem Jahrzehnt eigene Schätzungen zu BIP, Konsumausgaben und Inflation, um bei verzögerten Regierungsdaten zeitnahe Einschätzungen zu ermöglichen. Diese Berechnungen basieren auf operativen Daten von 277 Portfoliounternehmen und 694 Immobilieninvestitionen weltweit.
"Unsere Indikatoren sollen als Ersatz dienen, wenn offizielle Zahlen fehlen oder sich verzögern", erklärte das Unternehmen.
Ökonomen rechnen mit baldiger Zinssenkung
Auch bei "Bloomberg Economics" sorgen die Ausfälle staatlicher Daten für neue Prognosen.
"Ohne den Shutdown erwarten wir, dass die Fed bis Dezember keine weiteren Zinssenkungen vornimmt. Da wir jedoch davon ausgehen, dass der Shutdown noch mehrere Wochen andauern wird, und angesichts der Unsicherheit und des Vertrauensverlusts rechnen wir nun mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte im Oktober", sagte Anna Wong, Chefökonomin für die USA bei "Bloomberg Economics".
Wirtschaft bleibt robust – trotz schwächerer Jobdaten
Neben den Beschäftigtenzahlen veröffentlichte Carlyle auch Schätzungen zu BIP-Wachstum, Unternehmensausgaben und Verbraucherpreisen. Das Gesamtbild sei das einer widerstandsfähigen, aber schwächelnden US-Wirtschaft, so der Investmentriese.
"Das Interessante an der aktuellen Lage ist die Diskrepanz zwischen den Beschäftigungszahlen und den anderen Wirtschaftsindikatoren, die wir betrachten", sagte Jason Thomas, Head of Global Research and Investment Management bei Carlyle. "Wenn man nur die Beschäftigungsdaten betrachtet, könnte man denken, die Wirtschaft stehe kurz vor oder bereits in einer Rezession. Das zeigt sich aber in keinem anderen Datensatz."
Inflation breiter verteilt als erwartet
Thomas betonte, die Inflation sei "deutlich weiter verbreitet, als man annehmen würde, wenn man nur auf langlebige Güter blickt, die von Zöllen betroffen sind". Die Einführung neuer Zölle im April habe das Preisniveau weniger stark erhöht als erwartet.
Die US-Notenbank hatte zuletzt wegen einer Eintrübung am Arbeitsmarkt erstmals in diesem Jahr die Zinsen gesenkt. Da Regierungsdaten zu Beschäftigung und Preisen häufig die Erwartungen zu künftigen Zinsschritten beeinflussen, führt der aktuelle Datenstillstand zu erhöhter Volatilität an den Finanzmärkten.
Das Bureau of Labor Statistics (BLS), das normalerweise rund 121.000 Unternehmen und Behörden befragt, konnte den geplanten Bericht für September nicht veröffentlichen.
Private Anbieter liefern abweichende Zahlen
Andere Anbieter wie ADP und Revelio Labs schätzen die Lage sehr unterschiedlich ein:
- ADP Research berichtet einen Rückgang der privaten Beschäftigtenzahlen um 32.000.
- Revelio Labs hingegen meldet einen Zuwachs von rund 60.000 Stellen.
| Indikator | Carlyles Schätzung |
|---|---|
| Stellenmarkt | Zahl der Beschäftigten stieg im September um 17.000 |
| BIP | Das zugrunde liegende Wachstum lag im September bei 2,7 % auf Jahresbasis |
| Inflation | Energiekosten im Jahresvergleich um 3,8 % gesunken; Dienstleistungen (ohne Wohnkosten) um 3,3 % gestiegen; Gebrauchsgüter um 2,3 % gestiegen |
| Wohnungsbau | Die realen privaten Bauausgaben sind im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 % gesunken |
Die ADP-Daten für September seien aufgrund unterschiedlicher Vergleichsgrundlagen nur ein unvollständiger Ersatz für die Regierungszahlen, erklärte Anna Wong von "Bloomberg Economics".
Frühwarnsignal für die US-Konjunktur
Während sich andere Indikatoren robust zeigen, könnte die schwache Beschäftigungsentwicklung laut Carlyle ein Frühwarnsignal für die US-Konjunktur sein. Der anhaltende Shutdown erhöht die Unsicherheit zusätzlich – und zwingt Investoren, sich auf private Datenquellen zu stützen, die teils deutlich voneinander abweichen. (mb/Bloomberg)















