Nach FMA-Einschränkung: Niederösterreich haftet für Immobilienkredite
Die im August in Österreich verschärften Kreditvergabebedingungen stellen viele Immobilienkäufer vor Finanzierungsfragen. Die Niederösterreichische Landeshauptfrau prescht nun vor und gewährt eine Landeshaftung. Zudem fordert sie, dass Wohnraumschaffung wieder von der Steuer abgesetzt werden kann.
Das Bundesland Niederösterreich arbeitet an einer Landeshaftung für Personen, die erstmals Wohneigentum kaufen oder errichten wollen und dafür einen Kredit brauchen. Ziel ist ein Inkrafttreten spätestens zum 1. Jänner 2023. Das kündigte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) Ende der Vorwoche an. In Niederösterreich wird voraussichtlich kommendes Frühjahr der Landtag neu gewählt.
Das Land wolle künftig für fünf Prozent der kürzlich verpflichtend eingeführten Eigenmittelquote von 20 Prozent einstehen, heißt es in einer Aussendung. Häuselbauer oder Wohnungskäufer müssten mit der Haftung also nur noch einen Eigenmittelanteil von 15 Prozent bei der Bank vorweisen – gedeckelt soll die Maßnahme bei 30.000 Euro sein. Für Niederösterreich dürfte das ein Gesamtvolumen an Haftungen von rund 100 Millionen Euro bedeuten, die der Landtag genehmigen müsste. Nötig wäre dafür allerdings die Zustimmung der Finanzmarktaufsicht (FMA).
KIM-VO schränkt seit August die Vergabemöglichkeiten ein
Die FMA hatte per 1. August mit der "Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen Verordnung" (KIM-VO) die Vergabestandards deutlich eingeschränkt. Neben den erforderlichen 20 Prozent an Eigenmitteln wurde die Laufzeit eines Kredites auf 35 Jahre begrenzt. Außerdem darf die Kreditrate nicht mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens betragen. Durch die Regelung kommt es häufig auch in unerwarteten Fällen zur Ablehnung eines Kredites (FONDS professionell ONLINE berichtete).
"Wir halten diese Verordnung für überbordend", so Mikl-Leitner, die auf den Wert eines Eigenheims als Altersvorsorge und Inflationsschutz verwies. Sie fordert, dass die Finanzmarktaufsicht die Verordnung prüft beziehungsweise "redimensioniert". Neben der hohen Inflation, insbesondere der Teuerung bei den Baukosten und den steigenden Zinsen, verschlechtere die KIM-VO die Finanzierungsbedingungen weiter.
Laufzeit von Landesdarlehen wird ausgedehnt
Das Land selbst werde als zweite Maßnahme die Laufzeit von Landesdarlehen für Eigenheime bei Wunsch von derzeit 27,5 auf 34,5 Jahre ausdehnen. Dadurch falle die monatliche Belastung wesentlich geringer aus, so die Landeshauptfrau. Eine entsprechende Richtlinienänderung werde die Landesregierung "so rasch wie möglich" einleiten.
Zusätzlich fordert Mikl-Leitner, dass der Bund ebenfalls Maßnahmen ergreift. Zum einen solle die Wohnraumschaffung wieder von der Steuer abgesetzt werden können. Diese Möglichkeit wurde erst vor zwei Jahren abgeschafft: Bis 2020 konnte man Wohnraumschaffung als Sonderausgabe in der Steuererklärung geltend machen. Zum anderen wünscht sich die Landeshauptfrau, dass die Gebühren für die Eintragung ins Grundbuch genau so wegfallen wie die Kosten für die Eintragung eines Pfandrechts. Laut Aussendung müsse man derzeit bei einem Hauspreis von 165.000 Euro für den Grundbucheintrag 1.815 Euro bezahlen so wie weitere 1.980 Euro für das Pfandrecht – in Summe also 3.795 Euro, die der Käufer trägt. Bei einem Kaufpreis von 420.000 Euro ergeben beide Posten bereits eine Gesamtbelastung von 9.660 Euro.
Bankenvertreter schließen sich an
Den Forderungen schlossen sich auch Bankenvertreter an. Gerda Holzinger-Burgstaller, Vorstandsvorsitzende der Erste Bank, verwies darauf, dass Wohnraumfinanzierung Aufgabe der Banken sei und diese durch die FMA-Verordnung erschwert werde. Hypo-Niederöstereich-Vorstand Wolfgang Viehauser betonte, dass die Nachfrage nach Immobilienkrediten seit August zurückgegangen sei. Allerdings nicht nur aufgrund der KIM-VO, sondern auch wegen der steigenden Preise. Er betont ebenso wie Michael Höllerer, Chef der Raiffeisen-Landesbank Niederösterreich-Wien, dass die Ausfallsquoten im privaten Wohnbau mit 0,03 Prozent sehr tief seien.
Die FMA hat mit ihrer Verordnung heuer angesichts hoher Immobilienpreissteigerungen und gleichzeitig steigender Zinsen die Reißleine gezogen. Die Banken hatten in den vergangenen Jahren bei der Kreditvergabe die Empfehlungen des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) nach Ansicht der Aufseher überdehnt – mit sehr geringen Eigenkapitalquoten oder mit Kreditlaufzeiten, die weit in die Pension hinein reichten.
Vor allem aber macht der Aufsicht der in Österreich sehr hohe Anteil von 47 Prozent an variabel verzinsten Krediten Sorge. Steigen die Zinsen, können solche Kredite für Haushalte, die ohnehin ihren Spielraum ausgereizt haben, rasch unleistbar werden. In weiterer Folge könnten dadurch auch Banken in Schwierigkeiten geraten. Nach Ansicht der meisten Beobachter befinden sich die Volkswirtschaften global weiter in einem Umfeld deutlich steigender Zinsen. (eml)