Marktstratege: Hohe Liquidität stützt Aktien und Anleihen – vorerst
Beat Thoma, Anlagechef bei Fisch AM, erwartet mittelfristig eine Trendwende an den Märkten. Kurzfristig profitieren Aktien und Unternehmensanleihen aber noch von der hohen Liquidität. Doch das dürfte nicht ewig so bleiben.
Die Neuinvestitionen an den Finanzmärkten schrumpfen, beobachtet Beat Thoma, Anlagechef bei Fisch Asset Management. Das deute auf eine bevorstehende Trendwende hin. Kurzfristig stütze die hohe Liquidität die Finanzmärkte noch, allerdings sollten Anleger zunehmend Wert auf Qualität und Sicherheit legen.
Buffett-Indikator sendet Warnsignale
Laut Thoma sind die Bewertungen, insbesondere in den USA, außerordentlich hoch. Er verweist dabei auf den "Buffett-Indikator", der den Wert des Aktienmarkts ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt setzt. Dieser sei nahe einem historischen Hoch. "Warren Buffett selbst bestätigt dies indirekt, man denke an die rekordhohe Bargeldquote und die Halbierung seiner Position in Apple-Aktien", so Thoma. Eine große Sorglosigkeit vieler Investoren runden seiner Meinung nach die typischen Merkmale eines möglichen Markthochs ab.
Allerdings stecke absolut noch sehr viel Liquidität im System, von welcher der größte Teil infolge der Pandemie-Maßnahmen geschaffen wurde. Thoma: "Diese enormen Summen dürften noch einige Zeit für Unterstützung sowohl der Aktien- und Kreditmärkte als auch der Konjunktur sorgen." Zudem habe die US-Notenbank Fed als Reaktion auf die jüngste Marktunruhe ihren Bilanzabbau gestoppt und die Bilanz sogar vorübergehend leicht erhöht. Auch deshalb sei noch keine Trendwende sichtbar, wenn auch die Volatilität hoch sei.
"Dennoch ist eine gewisse Vorsicht angebracht", warnt Thoma. Denn grundsätzlich werde das "Quantitative Tightening" in absehbarer Zeit weitergehen. Die EZB reduziere ihre Bilanz sogar noch stärker als die Fed. "Eine abkühlende Konjunktur und abnehmende Liquidität wirken deflationär und damit zinsdämpfend", meint der Chefinvestor.
Kurzfristig positive Aussichten
Das Aktienexposure hält er aufgrund der immer noch hohen Liquidität kurzfristig neutral bis leicht positiv. Mittelfristig bestehen allerdings zunehmende Warnsignale. Er hält zudem das Umfeld für Staatsanleihen für günstig, bei Unternehmensanleihen ist er etwas vorsichtiger. "Bei Investment-Grade-Anleihen bleiben wir neutral bis leicht defensiv positioniert", so Thoma: Die Risikoprämien seien auf historisch niedrigen Levels, doch sei das Momentum noch positiv und die Nachfrage hoch. Generell fokussiert er sich bei Unternehmensanleihen aus dem Investment-Grade- und High-Yield-Bereich auf Schuldner mit solider Bonität. (jh)