Analyse: So verdaut die Börse Rücksetzer
Klar: Egal wie tief die Kurse auch fallen, eines Tages holen die Aktienmärkte die Verluste wieder auf. Doch wie lange dauert das in der Regel? Pascal Kielkopf von HQ Trust hat nachgerechnet – und sein Kollege Christian Subbe rät Anlegern, wie sie sich verhalten sollten.
Seit dem Jahr 1973 hat der Weltaktienmarkt gemessen am Index MSCI ACWI insgesamt 23 Mal mehr als zehn Prozent von seinem letzten 52-Wochen-Hoch verloren. "Im Median dauerte ein solcher Rücksetzer 145 Handelstage: Zunächst ging es 62 Tage um 14,7 Prozent bergab. Vom Tiefstkurs bis zu einem neuen Hoch dauerte es dann nochmal 83 Tage", erläutert Pascal Kielkopf, Kapitalmarktanalyst des Bad Homburger Multi-Family-Offices HQ Trust.
Kielkopf zufolge gab es zwischen den einzelnen Phasen jedoch große Unterschiede. "Im kürzesten Fall dauerte der komplette Rücksetzer gerade einmal 60 Tage. Im längsten dagegen mehr als 800: beim Platzen der Dotcom-Blase", so der Kapitalmarktexperte. In zwei Fällen holten die Aktien nach dem Tief besonders schnell auf: "In den Jahren 1981 und 1984 waren es vom Tief bis zum neuen 52-Wochen-Hoch lediglich 20 beziehungsweise 21 Handelstage", rechnet der HQ-Trust-Analyst vor. Bemerkenswert sei auch der Corona-Crash gewesen, bei dem oft von einem V-förmigen Verlauf gesprochen werde. "Allerdings dauerte der Absturz lediglich 22 Handelstage, die anschließende Aufholjagd aber 113", so Kielkopf.
"Attraktive Nachkaufgelegenheiten"
Christian Subbe, Chief Investment Officer von HQ Trust, erinnert daran, dass Rücksetzer um mehr als zehn Prozent am Kapitalmarkt dazugehören. "In den vergangenen 50 Jahren war das im Schnitt in jedem zweiten Jahr der Fall", sagt er. Er rät Anlegern, Ruhe zu bewahren – auch wenn das mit Blick auf die roten Zahlen im Portfolio an manchen Tagen sicher nicht leichtfalle. "Allerdings sollten Investoren solche Situationen auch dazu nutzen, um die Zusammensetzung ihres Portfolios kritisch zu hinterfragen: Entspricht diese noch ihren langfristigen Zielen?"
Mit Blick auf die aktuelle Situation betont Subbe, dass die Korrektur maßgeblich durch politische Entwicklungen beeinflusst werde. Weitere Eskalationsstufen, aber natürlich auch eine überraschende Deeskalation, könnten jederzeit neue Impulse setzen. "Das Risiko erneuter Marktverwerfungen ist in jedem Falle nicht gebannt", mahnt der Anlagestratege. "Daher halten wir eine Fortsetzung der Korrekturphase für durchaus wahrscheinlich." Mutige Anleger könnten die niedrigeren Kurse dennoch dazu nutzen, ihre Positionen am Aktienmarkt schrittweise auszubauen. Subbe: "Auch wenn das Umfeld weiterhin von Unsicherheit geprägt ist, eröffnen sich attraktive Nachkaufgelegenheiten." (fp)