"Die USA sind aufgrund ihres Wohlstands, ihrer Rechtsstaatlichkeit und ihrer wirtschaftlichen und militärischen Stärke nach wie vor ein Zufluchtsort“, betont Jamie Dimon, Vorstandschef von Amerikas Bankenriesen JP Morgan Chase, in einem ausführlichen Interview mit der "Financial Times". Nicht ohne aber direkt im Anschluss davor zu warnen, dass die wirtschaftliche Vormachtstellung Amerikas durch den Versuch des Präsidenten, den Welthandel neu zu gestalten, gefährdet werden könnte.

Ein Großteil der damit verbundenen Unsicherheit sei schon eine gewisse Herausforderung, so Dimon. Man werde am Ende so lange ununterbrochen darüber lesen, bis sich die Diskussionen um Zölle und Handelskriege irgendwann hoffentlich gelegt hätten oder ganz verschwunden seien. Damit die Menschen dann wieder mit Bestimmtheit sagen könnten: "Auf Amerika kann ich mich verlassen." In diesem Zusammenhang forderte Dimon beide Seiten, die USA und China, auf, miteinander zu verhandeln: "Ich glaube nicht, dass es im Moment irgendeine Art von Verhandeln gibt. Aber das muss nicht ein Jahr so bleiben." Verhandlungen könnten bereits morgen beginnen.

"Wir sollten vorsichtig sein", so Dimon weiter mit Blick auf die Turbulenzen der vergangenen Woche und einen regelrechten Ausverkauf bei US-Staatsanleihen, wie es ihn seit Jahrzehnten nicht gegeben hatte. Er glaube jedenfalls nicht, dass irgendjemand davon ausgehen sollte, ein göttliches Recht auf Erfolg zu haben und sich deshalb keine Sorgen machen müsse. Die Marktturbulenzen nach dem "Tag der Befreiung" seien deshalb so ungeordnet verlaufen, weil alles sehr schnell ging. Die meisten Märkte seien zwar damit zurechtgekommen. "Aber die Märkte sind sehr volatil, und das ist es, was den Menschen Angst macht", so Dimon.

Verbündete mit einbeziehen
Die USA müssten sich darüber im Klaren sein, was sie eigentlich erreichen wollten, so der JP-Morgan-Chef weiter mit Bezug auf das Zollregime des US-Präsidenten. Und das müsse seiner Ansicht nach gemeinsam mit Verbündeten geschehen. "Ich würde irgendwann mit Europa, mit Großbritannien, mit Japan, Korea, Australien und den Philippinen verhandeln wollen, um eine sehr starke wirtschaftliche Beziehung mit diesen Ländern aufzubauen."

Dimon, der seit Jahren als potenzieller Kandidat für das Amt des Finanzministers gehandelt wird, zeigte sich dabei optimistisch, dass Scott Bessent, der derzeitige Inhaber dieses Amts, die US-Wirtschaft durchaus durch die derzeit unruhigen Gewässer steuern könne. "Ich bin nicht mit allem einverstanden, was die Regierung tut", so Dimon. "Aber ich denke, er ist derjenige, der diese Handelsabkommen aushandeln sollte." (hh)