Investmentstratege: Warum Disziplin für Anleger so wichtig ist
Lange liefen Growth-Titel den Value-Aktien den Rang ab. Für viele Anleger dürfte die Verlockung groß gewesen sein, diesem Trend zu folgen und auf Wachstumswerte zu setzen. Doch für Dimensional Fund Advisors birgt ein solches Hinterherlaufen mehr Risiken als Chancen.
In den vergangenen Jahren wurde häufig vom Ende der Value-Prämie oder deren Verschwinden orakelt. Zu dominant war vor allem zwischen 2017 und 2020 die Outperformance der Growth-Titel. So blieb der MSCI World IMI Value Index um nicht weniger als 14,8 Prozentpunkte pro Jahr hinter dem MSCI World IMI Growth Index zurück.
"In solchen Phasen ist es für Investoren, die nicht speziell in solchen Wachstumstiteln investiert sind, verständlicherweise sehr verlockend, ihre Strategie zu ändern und sich ganz auf den Growth-Bereich zu konzentrieren", sagt Wes Crill, Leiter Investmentstrategien und Vizepräsident bei Dimensional Fund Advisors. Aber weder Growth- noch Value-Aktien bewegten sich stetig nach oben. Dies beweist die jüngste Trendwende: Zwischen Juli 2020 und Dezember 2022 legten Value-Titel in US-Dollar gerechnet 28,7 Prozent zu, Wachstumstitel brachten es nur auf 6,6 Prozent.
Auch in Schwächephasen Disziplin bewahren
Welche Renditen möglich sind, hängt davon ab, wie Anleger Value-Aktien in ihrem Portfolio gewichten, erklärt Crill: "Je stärker Investoren eine Prämie einbeziehen, desto größer ist der Tracking Error gegenüber dem Markt, desto höher ist aber auch die erwartete Mehrrendite, wenn die angestrebte Prämie positiv ausfällt." Unabhängig davon, wie stark jemand nun eine Prämie gewichtet, entscheidend sei, dass Anleger, die eine Prämie abschöpfen wollen, jederzeit an dieser Prämie festhalten müssen – auch in Schwächephasen. "Denn wer während der Phase der Growth-Outperformance von Value- in Wachstumstitel umschichtete, der hat die anschließende Erholung bei den günstiger bewerteten Value-Aktien verpasst. Das heißt, solche kurzfristigen Phasen der Outperformance eines Investmentstils oder einer Anlageklasse gibt es immer wieder, sie wiederholen sich aber nicht beliebig oft."
Der Investmentexperte rät Anlegern, ihren Wunsch nach höheren Renditen durch die Ausnutzung von Prämien gegen die persönliche Toleranz für geringere Erträge in vorübergehenden Schwächephasen abzuwägen. Für den langfristigen Anlageerfolg sei entscheidend, einen Kompromiss zwischen beidem zu finden. "Wer diesen gefunden hat, hat es dann in schwierigen Zeiten nämlich leichter, an der entsprechenden Prämie festzuhalten", sagt Crill. "Sonst drohen unnötige Verluste und die langfristigen Anlageziele können in Gefahr geraten.“ (fp)