Interview: "Südkorea ist einer der attraktivsten Märkte weltweit"
James Cook, leitender Spezialist für Emerging Markets bei Federated Hermes, erklärt im Interview mit FONDS professionell ONLINE, was für Schwellenländer spricht – und warum er vor allem auf China und Südkorea setzt.
Schwellenländer statt Industriestaaten, Asien statt USA. Im Interview mit FONDS professionell ONLINE erklärt James Cook, Spezialist für Schwellenland-Aktien bei Federated Hermes, warum Anleger auf Emerging Markets (EM) setzen sollten, wieso er sich keine zu großen Sorgen um China macht und warum Südkorea sein Favorit ist.
Herr Cook, über die vergangenen Jahre sind EM-Aktien meist klar hinter den entwickelten Märkten zurückgeblieben. Dabei war die Volatilität meist noch höher. Warum sollten Anleger jetzt in EM-Aktien investieren?
James Cook: Zunächst einmal verzeichneten Schwellenländer im bisherigen Jahresverlauf eine starke Wertentwicklung. Im Vergleich zu den entwickelten Märkten starteten 2025 Aktien aus Schwellenländern mit historisch niedrigen Bewertungen. Die Aussicht auf ein zweistelliges Gewinnwachstum in diesem und im kommenden Jahr zog globales Kapital an.
Welche Rolle spielt dabei die Unsicherheit in Bezug auf die USA?
Cook: Das spielt durchaus eine Rolle. Ein schwächerer US-Dollar stärkte die Währungen und Vermögenswerte der Schwellenländer, während eine Verschiebung der Marktstimmung – weg vom US-amerikanischen Exzeptionalismus hin zu Chinas "Deepseek-Moment" – zu einer Umlenkung in unterbewertete EM-Regionen führte. Zudem konnten viele Zentralbanken der Schwellenländer von größerer politischer Flexibilität profitieren, da die Inflation weltweit nachlässt. Frühere Zinssenkungen unterstützten sowohl das Wachstum als auch die Anlegerstimmung.
Wie ist Ihre Sicht auf China-Aktien? Wie hoch schätzen Sie das politische Risiko für China-Aktien ein, und wie investieren Sie hier?
Cook: Für den Rest des Jahres gestaltet sich unsere Prognose für China angesichts der Kursentwicklungen seit Jahresbeginn tatsächlich etwas herausfordernd. Anfang des Jahres waren wir für China und Südkorea sehr optimistisch, während unsere Erwartungen für Indien und Taiwan zurückhaltender ausfielen. Diese positive Einschätzung gegenüber China und Korea basierte vor allem auf Bewertungen. Seit Jahresbeginn haben sich die Märkte, für die wir am optimistischsten waren, stark entwickelt: Südkorea legte in US-Dollar um mehr als 55 Prozent zu, der chinesische Hang Seng stieg um rund 25 Prozent, während Taiwan und Indien etwas hinterherhinken.
Bleiben Sie trotz der stark gestiegenen Kurse optimistisch für China?
Cook: Trotz dieser relativen Outperformance bleiben wir für Südkorea und China weiterhin optimistisch. Kurzfristige Herausforderungen bestehen zwar, doch sehen wir in China nach wie vor attraktive Chancen. Diese werden gestützt durch einige der niedrigsten Bewertungen in der Region, stabilisierende Gewinne und steigende Kapitaleffizienz. Wir erwarten positive Impulse und gehen davon aus, dass die Verbraucherstimmung kurz vor einer Trendwende steht. Die Risiken für die chinesische Wirtschaft sind unserer Ansicht nach bekannt und bereits eingepreist.
Taiwan ist im globalen EM-Aktien-Index das zweitwichtigste Land, gemeinsam stehen Taiwan und China für rund 50 Prozent des Index. Muss man nicht extrem optimistisch sein zum Konflikt zwischen China und Taiwan, um in globale EM-Aktien zu investieren?
Cook: Zwischen China und Taiwan hat sich nichts Grundlegendes geändert. China strebt weiterhin eine Wiedervereinigung Taiwans mit dem Festland an, während die USA einer einseitigen Vereinigung nach wie vor ablehnend gegenüberstehen. Daher bleibt die Pattsituation bestehen. Da der Halbleiterhersteller TSMC seine Aktivitäten weltweit diversifiziert, ist das Risiko einer Unterbrechung der Chipversorgung durch eine mögliche Invasion heute geringer als in der Vergangenheit. Wir behalten dieses Risiko trotzdem weiterhin genau im Blick.
Ein weiteres Schwergewicht ist Indien. Dort lief der Aktienmarkt zuletzt eher schwach, die Bewertungen gelten als ambitioniert. Was erwarten Sie langfristig von Indien?
Cook: Wir sind aus einer Top-down-Perspektive positiv gegenüber Indien eingestellt, sind jedoch vorsichtig mit Blick auf die aktuellen Bewertungen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 23 ist Indien der zweitteuerste Markt. Nach einer bislang unterdurchschnittlichen Wertentwicklung in diesem Jahr identifizieren wir jedoch zunehmend indische Aktien, die potenziell attraktiv erscheinen. Wir gehen davon aus, dass wir weitere Positionen hinzufügen werden, sind aber angesichts der weiterhin hohen Bewertungen noch nicht bereit, den Kaufknopf zu drücken. Wie immer werden die Titel, die wir schließlich auswählen, voraussichtlich durch besondere Merkmale überzeugen, die sie attraktiv machen.
Über alle Anlageregionen und Themen betrachtet: Wo sehen Sie bei EM-Aktien langfristig die attraktivsten Gelegenheiten?
Cook: Selbst unter Ausblendung der starken Wertentwicklung in diesem Jahr sind wir der Ansicht, dass südkoreanische Aktien weiteres Aufwärtspotenzial besitzen. Mehr als 70 Prozent des Index notieren mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von unter eins, über 30 Prozent mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von unter zehn – damit zählt Südkorea zu den attraktivsten und günstigsten Aktienmärkten weltweit.
Sprechen noch weitere Gründe außer günstigen Bewertungen für Südkorea?
Cook: Die Unternehmensführung bleibt aus unserer Sicht eine zentrale Quelle zukünftiger Impulse. Wir erwarten weitere Reformen, darunter stärkere Schutzrechte für Minderheitsaktionäre, Anpassungen bei der Erbschaftssteuer sowie gezielte Anreize für Unternehmen mit höheren Ausschüttungsquoten oder für solche, deren Bewertung unter dem Buchwert liegt. Darüber hinaus prüft die Regierung aktiv zusätzliche Maßnahmen wie Aktienrückkäufe und steuerliche Anreize für Dividenden – ein Umstand, der unseren konstruktiven Ausblick auf den koreanischen Markt untermauert.
Vielen Dank für das Gespräch. (jh)




Vortrag am FONDS professionell KONGRESS











